Die Bundesregierung will mit dem neuen Mieterstrom-Modell mehr Gerechtigkeit in der Energiewende schaffen, doch die meisten Verbraucher zahlen drauf. Schon seit vielen Jahren weisen Sozialverbände, Sozialpolitiker und Ökonomen auf die ungerechte Verteilung der Kosten und Nutzen der Energiewende hin.
Die Ökostromsubventionen in Deutschland stellen eine milliardenschwere, unsoziale Umverteilung von unten nach oben dar. Schließlich konnte der Immobilienbesitzer mit den Einspeisevergütungen für Solarstrom vom eigenen Dach dank des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) jahrelang kräftig verdienen. Zahlen musste die Förderung der Verbraucher, oft Mieter, über die EEG-Umlage auf seiner Stromrechnung.
Die Bundesregierung meint mit dem „Mieterstrom“ nun ein Wundermittel gefunden zu haben. Alle sollen von der Energiewende profitieren und niemand mehr zahlen als andere. Das neue Mieterstromgesetz wurde im April vom Bundeskabinett beschlossen. Mit der Änderung sollen auch Mieter von Strom aus Fotovoltaikanlagen vom Hausdach profitieren, so Bundeswirtschaftsministerin Brigitte Zypries (SPD). Der Solardachbetreiber kann den erzeugten Strom direkt an die Mieter des Hauses verkaufen. Er bekommt dann zwar keine EEG-Einspeisevergütung von acht bis zwölf Cent pro Kilowattstattstunde mehr, aber einen „Mieterstromzuschlag“ zwischen 2,75 und 3,8 Cent pro Kilowattstunde. Von der Zahlung von Netzentgelten, Konzessionsabgaben und einer ganzen Reihe weiterer Umlagen und Steuern wird der Mieterstromproduzent zudem vollständig freigestellt. Erstmals rechne sich der Direktverkauf an die Hausbewohner, freut sich Zypries. Das Angebot für Mieterstrom werde hierdurch belebt, Mieter profitieren davon und der Ausbau der Stromerzeugung aus Solarenergie werde beschleunigt.
Doch tatsächlich kommen laut Studien der Regierung höchstens 3,8 Millionen Haushalte für den Bezug von Mieterstrom infrage. Der große Rest muss dann für all die Steuern, Abgaben und Umlagen aufkommen, die Mieterstromkäufer nicht mehr zahlen müssen. Die Summen sind nicht unerheblich, denn auf Mieterstrom ist weder Stromsteuer fällig noch Netzentgelte, obwohl die Haushalte weiterhin nur maximal die Hälfte ihres Strombedarfs vom eigenen Dach decken können und für die restliche Menge von der Solidargemeinschaft derjenigen abhängen, die das lokale und das überregionale Verbundnetz finanzieren. Auch die Umlage zur Förderung der sogenannten Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) wird auf Mieterstrom nicht mehr fällig und die Umlage für abschaltbare Lasten und die Haftungsumlage für die Risiken von Offshore-Windparks ebenfalls nicht. Selbst Konzessionsabgaben an die Gemeinden müssen nicht mehr entrichtet werden. Alle diese strompreistreibenden Posten müssen durch Mehrausgaben der anderen Verbraucher ausgeglichen werden. Dies werde nach Ansicht des Bundesverbandes der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) zu deutlichen Anstiegen der Netzentgelte führen.