Mit dem Vorschlag zu kostenlosem Nahverkehr zur Verbesserung der Luftqualität sorgte die Bundesregierung für Aufsehen. Doch der Kölner Ökonom Axel Ockenfels warnt vor der Annahme, dass die innerstädtische Luftverschmutzung hierdurch bekämpft werden könne. Zwar würden so mehr Leute den subventionierten öffentlichen Nahverkehr nutzen, doch es sei auszuschließen, dass dies den Individualverkehr gleichermaßen entlasten werde.
In einem Brief nach Brüssel hatte die Bundesregierung mitgeteilt, dass sie wegen der schlechten Luft in vielen Städten mit Ländern und Kommunen über einen kostenlosen öffentlichen Nahverkehr nachdenke. Hierin wurden auch fünf Modellstädte genannt. Damit will die Regierung eine Klage der EU-Kommission abwenden, wobei jedoch zwischenzeitlich deutlich wurde, dass die Pläne alles andere als ausgereift sind. So blieb unklar, ob die genannten Städte überhaupt mitziehen werden und auch die Finanzierung ist noch offen. Die kommende Regierung müsse sich über die Finanzierung solcher Maßnahmen einigen, erklärte der Regierungssprecher Steffen Seibert dazu.
Dabei sei nach dem Umweltministerium nicht geplant, den Modellregionen bestimmte Maßnahmen vorzuschreiben. Über die Ausgestaltung ihres Nahverkehrs hätten die Kommunen natürlich selbst zu entscheiden. Dies könne auch ein „temporäres“ Angebot für Gratisfahrten sein. Dabei sind die finanziellen Möglichkeiten der geschäftsführenden Regierung begrenzt, denn einen Haushalt für 2018 gibt es noch nicht. Es gelten die Regeln der vorläufigen Haushaltsführung, daher sind neue Programme nicht leicht aufzulegen. Möglicherweise könnte mit einem Rückgriff auf den Klima- und Energiefonds, über den Teile des Sofortprogramms „saubere Luft“ finanziert werden ein solches Programm finanziert werden, doch darin sind in Abstimmung mit den Kommunen andere Schwerpunkte gesetzt. In das Sofortprogramm werden die Autohersteller VW, Daimler, BMW und wohl auch Ford 250 Millionen Euro einzahlen, wobei noch kein Geld geflossen sei, weil der Fonds im Volumen von einer Milliarde Euro noch nicht fertig eingerichtet sei.
Bereits um die Jahrtausendwende hatten die brandenburgischen Orte Templin und Lübben einen kostenlosen, aus Haushaltsmitteln finanzierten Nahverkehr angeboten, diesen jedoch nach einigen Jahren wieder aufgegeben. Die Kosten für den kostenlosen Nahverkehr erwiesen sich als zu hoch. So rechnet der Verband Deutscher Verkehrsunternehmen mit Kosten von 12 Milliarden Euro jährlich für einen komplett kostenlosen Nahverkehr.
Dabei werde das Angebot letztlich den öffentlichen Verkehr so überlasten, dass wieder mehr Leute auf das Auto umsteigen würden, und die Freiräume auf der Straße nutzen würden, gibt der Ökonom zu bedenken. Solange die Straßennutzung keinen kostengerechten Preis bekäme, sei die Nachfrage größer als das Angebot und ein kostenloser öffentlicher Nahverkehr werde hieran nichts ändern.