Das Thema Bildung ist in jedem Wahlkampf wichtig, schließlich waren alle Wähler mal in der Schule und die meisten davon haben Kinder oder Enkel, die gerade in die Schule gehen. So überbieten sich die Parteien geradezu mit ihren Forderungen nach „den besten Schulen" (SPD), "gute Bildung" (die Linke), "beste Bildung und Ausbildung" (CDU) oder der "weltbesten Bildung" (FDP). Doch wie wiederum die meisten Wähler auch wissen, sind dies alles Wahlkampfworthülsen. Nicht nur beim Thema Schule nutzen die Parteiprogramme vor allem Superlative. Doch im Grundgesetz ist mit dem sogenannten Kooperationsverbot eine Regelung verankert, die es dem Bund verbietet, den Ländern insbesondere im Schulwesen große Vorschriften zu machen oder sich einzumischen. Zwar gibt es hierzu Ausnahmen, beispielsweise darf der Bund zwar arme Gemeinden beim Bau von Schulgebäuden unterstützen, doch innerhalb der Klassenzimmer hat der Bund nichts zu suchen.
Viele Menschen fragen sich heute, weshalb es in Deutschland nicht eines, sondern 16 Schulsysteme gibt. Zurückzuführen ist dies auf die geschichtliche Entwicklung in Deutschland. Das Land bestand vor der Gründung des Deutschen Reiches 1871 aus verschiedenen Feudalstaaten und freien Reichsstädten, von denen alle ihre eigene Bildungs- und Kulturpolitik betrieben. Sogar nach der Reichsgründung und bis zum Ende der Weimarer Republik war die Bildung dezentral organisiert. Eine Änderung erfuhr das Bildungssystem erst während der Nazi-Diktatur, wo Schulen, Hochschulen und auch die Kultur Teil der Propagandamaschinerie des Regimes wurden und von der Regierung kontrolliert wurden. Nach dem Krieg wurde deshalb die föderale Struktur in der Bildung bevorzugt und die Alliierten belegten den Gesamtstaat mit umfangreichen Auflagen in Kompetenzen bei Bildungsfragen. Dagegen war die Bildung in der DDR zwar im Gegensatz zur BRD wieder zentral gesteuert, doch seit der Wende, und auch entgegen zweier Föderalismusreformen in den Nullerjahren, entscheiden überall in Deutschland die Länder, was wie und wo unterrichtet wird.
Ein Vorteil dieses vermeintlichen Klein-Klein ist, dass auf geografische Besonderheiten der Länder eingegangen werden kann. Beispielsweise kann im Saarland an den meisten Grundschulen Französisch als erste Fremdsprache unterrichtet werden, wohingegen der Rest von Deutschland Englisch als erste Fremdsprache unterrichtet. Doch auch Reformen lassen sich im kleineren Rahmen eines einzelnen Bundeslandes deutlich zügiger umsetzen, als das bundesweit der Fall wäre.
Trotzdem wollen die meisten Parteien das Kooperationsverbot in Rente schicken. Schließlich gibt es auch genügend Argumente für ein zentral geregeltes Bildungswesen. So wäre ein Schulwechsel zwischen Bundesländern einfacher, die Leistungen der Schüler vergleichbarer und Fortschritte bei Großprojekten wie die Inklusion oder Digitalisierung nicht von den finanziellen Gegebenheiten des jeweiligen Bundeslandes abhängig, wird von einer Partei gesagt. Fazit: es gibt noch viel zu tun.