Seit Wochen sind Kindergärten, Schulen und Hochschulen in Deutschland geschlossen, Eltern müssen ihre Kinder bis auf wenige Ausnahmen zu Hause betreuen und unterrichten. Bund und Länder haben sich nun grundsätzlich für eine schrittweise Öffnung der Schulen ab dem 04. Mai ausgesprochen – entscheidende Fragen sind aber offen.
Für Kinder und Eltern ist die häusliche Situation zunehmend belastend. Kinder können ihre Freunde nicht treffen, Eltern müssen den Spagat zwischen Arbeit und Kinderbetreuung stemmen, zumeist ohne die sonst in vielen Familien verfügbare Hilfe der Großeltern. Zudem verschärft die Schließung der Bildungseinrichtung die Situation von Kindern zusätzlich, die sowieso unter schwierigen häuslichen Bedingungen leben. Oft sind in solchen Familien die Möglichkeiten der Kinder, zu Hause zu lernen, sehr viel schlechter als bei besser gestellten Gleichaltrigen. Auch um die Ungleichheit der Bildungschancen nicht noch weiter zu erhöhen, ist daher eine wenigstens schrittweise Rückkehr zu geregelten Bildungsangeboten notwendig.
Ab sofort soll nun, darauf haben sich Bund und Länder grundsätzlich geeinigt, die schrittweise Öffnung der Schulen ab dem 04. Mai vorbereitet werden. Zunächst sollen die Schüler, die in diesem oder dem nächsten Jahr Abschlüsse machen, und in den Grundschulen die Viertklässler wieder Unterricht bekommen, um ihren Übergang in die weiterführenden Schulen vorzubereiten. Kindergärten und die Klassen 1-3 an den Grundschulen sowie die unteren Klassen der weiterführenden Schulen sollen aber noch geschlossen bleiben.
Weil die Bildungspolitik nach wie vor Ländersache und die Corona-Situation in den einzelnen Bundesländern unterschiedlich ist, sind die Regelungen jedoch flexibel. Die Bundesländer können davon abweichen. Uneinigkeit gibt es z.B. beim Zeitpunkt, zu dem die Schulen wieder öffnen sollen. Nordrhein-Westfalen will Schulen beispielsweise schon am 20. April wieder zunächst für die Abschlussklassen und Viertklässler wieder öffnen; Bayern nicht vor dem 11. Mai, Baden-Württemberg peilt den 04. Mai an. In Hessen sollen vor allem die Abiturienten ab Ende April wieder zur Schule gehen; die Grundschulen sollen zuletzt folgen, weil den kleineren Kindern das Abstandhalten schwerer falle. Ausgebaut werden soll das System der Notbetreuung für Kleinkinder in Kitas, weil der Bedarf zunimmt, wenn kleinere Geschäfte wieder öffnen dürfen.
Voraussetzung der Öffnung aller Schulen ist aber, darüber herrscht Einigkeit, dass Vorsichtsmaßnahmen eingehalten werden und werden können. Bis Ende April sollen die Schulen hierzu Konzepte entwickeln. Auch in den Schulen müsse es möglich sein, so die Gewerkschaft Bildung und Wissenschaft (GEW), die Abstandsregeln einzuhalten. Hygiene und Infektionsschutz für Lehrende und Schüler müssten massiv verbessert werden.
Immer wieder hatte es in den letzten Jahren Klagen gegeben, dass Schultoiletten in völlig verwahrlostem Zustand sind, dass Seife und saubere Handtücher an vielen Schulen fehlen. Dem müsse dringend abgeholfen werden: Flüssigseife, warmes Wasser, Einmalhandtücher, Reinigungs- und Desinfektionsmittel müssten selbstverständlich zur Verfügung stehen, ebenso wie Atemschutzmasken. Auch die grundständige Reinigung und Desinfektion von Schuleinrichtungen, vor allem der Sanitäranlagen, müsse kurzfristig wesentlich verbessert werden. In einigen Schulen bedeuten diese Hygieneanforderungen sogar, dass bauliche Maßnahmen und Sanierungen notwendig sind. Hier rächt sich, dass jahrelang in die Sanierung der Schulen zu wenig investiert worden ist. Jetzt, so die Forderung, seien die Investitionen zum Schutz aller Beteiligten überfällig und dürften nicht am Geld scheitern.
Weiter offen ist auch die Frage, ob, wann und in welcher Form es Abschlussprüfungen z.B. bei den Berufsschülern und Abiturienten geben wird und ob die Länder die Abschlüsse gegenseitig anerkennen werden, wenn sie nach unterschiedlichen Regeln zustande kamen. Die GEW fordert zum Beispiel, auf die Abiturprüfungen zu verzichten und die Abiturnoten vollständig aus den bisher erbrachten Leistungen zu berechnen, weil die Möglichkeiten für Schüler, sich auf die Prüfungen vorzubereiten, eingeschränkt seien. Ungeklärt ist ferner, wie Versetzungen gehandhabt werden sollen, wenn Schüler auf der Kippe stehen.
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