Die wochenlange Schließung aller deutschen Schulen und Hochschulen im Zuge der Corona-Pandemie hat das Thema der Digitalisierung deutscher Schulen noch einmal mit großer Dringlichkeit in das Bewusstsein der Öffentlichkeit gerückt.
Im Mai 2019 war der "Digitalpakt Schule" verabschiedet worden, mit dem der Bund fünf Milliarden Euro für die digitale Infrastruktur an Schulen bereitstellt. Die Länder haben nach und nach begonnen, entsprechende Förderanträge zu stellen und Digitalkonzepte zu entwerfen. Die ersten Gelder sind mittlerweile geflossen. Noch immer ist Deutschland aber ein Flickenteppich – nicht nur die Richtlinien der Länder sind unterschiedlich, auch die Situation an jeder Schule ist ganz unterschiedlich. Während in Baden-Württemberg z.B. immerhin 55% der Schulen wenigstens ab und zu digitale Medien zum Einsatz bringen, sind es in Bremen nur 34%.
In diesem Zusammenhang hat die rheinland-pfälzische Landesregierung nun eine Neufassung des Schulgesetzes beschlossen, die unter anderem Lehrkräfte zum Einsatz digitaler Lehr- und Lernsysteme verpflichtet – neben dem klassischen analogen Unterricht.
Das rheinland-pfälzische Bildungsministerium
reagiert damit auf die Situation, dass digitales Lernen seit dem Ausbruch der
Corona-Pandemie nun bereits Realität ist. Es führt aus, dass das neue Gesetz
dem heutigen Demokratieverständnis ebenso Rechnung trage wie der Realität der
digitalen Gesellschaft. Schule müsse dieser Realität gerecht werden und
entsprechende digitale Lehr- und Lernsysteme anbieten.
Aber nicht nur die Lehre, auch die Schulverwaltung soll digital werden. Künftig
solle es ein landeseinheitliches
Schulverwaltungsprogramm geben, das auch Grundlage der landesweiten
statistischen Erfassungen sein soll.
Als direkte Reaktion auf den Corona-Shutdown hat Rheinland-Pfalz zudem mit den Kommunen Vereinbarungen geschlossen, wonach digitale Endgeräte, die eigentlich zum Einsatz in der Schule gedacht sind, in der gegenwärtigen Situation an Kinder aus finanziell benachteiligten Familien ausgeliehen werden können, damit diese an den digitalen Bildungsangeboten partizipieren können.
Das Wahren der Chancengleichheit bei ganz unterschiedlichen sozialen Hintergründen der Kinder ist auch unabhängig von den Herausforderungen der Corona-Zeit eines der großen Themen der Diskussionen um die Digitalisierung der Schulen. Es dürfe nicht sein, dass hierdurch bestehende soziale Unterschiede weiter vertieft würden. Dazu sei es auch nötig, über die Mittel, die der Digitalpakt jetzt bereit stellt, hinaus eine langfristige, verlässliche Förderung der Digitalisierung auf den Weg zu bringen.
Kernpunkt der Digitalisierung müsse ein gutes, sinnvolles pädagogisches Konzept sein, die Technik allein helfe Kindern beim Lernen nicht. Zudem dürfe es nicht sein, dass sich gegen die Interessen der Lehrenden und der Kinder ökonomische Interessen interessierter Digitalanbieter durchsetzten. Dies ist einer der Gründe für die derzeit schleppend erscheinende Durchsetzung der Digitalisierung an Schulen – Grundlage muss ein tragfähiges pädagogisches Konzept sein, und ein solches zu erarbeiten braucht Zeit.
Zudem muss die Umsetzung professionell erfolgen. Die Schulen müssen die entsprechende Infrastruktur erste einmal bekommen. Lehrkräfte müssen ebenfalls mit der entsprechenden Technik ausgestattet und geschult werden. Und sie müssen von der Verpflichtung, sich auch noch um die Wartung der Hard- und Software kümmern zu müssen, frei gestellt werden. Dafür braucht es IT-Fachleute, die wiederum laufende Kosten verursachen. Und schließlich muss auch beim digitalen Lernen der Datenschutz gewährleistet sein – auch Schülerdaten sind sensible Daten.
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