Eine Computersoftware hilft bayerischen Polizeibeamten bereits jetzt bei der Jagd auf Einbrecher. Auch in NRW und Berlin soll sie nun zum Einsatz kommen. Die Politiker zögerten bis jetzt jedoch mit der Einführung des Programms, da sie negative Reaktionen seitens der Bevölkerung erwarten.
Es klingt ein wenig wie Science-Fiction: Verbrechen sollen vorhergesagt und bekämpft werden, bevor sie überhaupt passieren. Doch diese Technik ist keine Zukunftsmusik mehr. In Zürich ist das Programm „Precobs“ (Precrime Observation System) des Instituts für musterbasierte Prognosetechnik GbR (IfmPt) bereits seit über einem Jahr erfolgreich im Einsatz.
Die Funktion der Software tut dabei im Grunde nichts anderes, als der Polizist, der sich ein Fähnchen an dem Ort in die Landkarte steckt, wo ein Einbruch begangen wurde. Häufen sich die Vorfälle dann in einem Bezirk, werden zusätzliche Wagen auf Streife geschickt. Das Programm nutzt dabei die Daten vergangener Einbruche mit Zeit und Ort sowie besonderer Tatumstände, um Vorhersagen über die Tatorte und Tatzeiten zukünftiger Einbrüche zu errechnen. Polizisten können so präventiv an gefährdete Stellen geschickt werden, um im Idealfall die Täter auf frischer Tat zu ertappen.
Die Ergebnisse des vergangenen Jahres aus Zürich sind vielversprechend. In 86 Prozent aller Fälle lag die Software richtig. Im ersten halben Jahr ging die Anzahl der Einbrüche in Zürich um knapp 40 Prozent zurück. In Anbetracht der positiven Zahlen wirkt es erstaunlich, dass die in Deutschland entwickelte Software hierzulande so zögerlich angenommen wird. Ein Pilotprojekt in Form einer Machbarkeitsstudie läuft seit Oktober dieses Jahres in München und Nürnberg. Es soll geklärt werden, ob das Programm die Arbeit der bayerischen Polizei sinnvoll ergänzen kann. Entschieden wird nach sechs Monaten.
In Nordrhein-Westfalen und Berlin sieht man den Einsatz von Precobs und vergleichbaren computergestützten Programmen sehr skeptisch. Schuld daran ist nicht der Zweifel am sinnvollen Einsatz und der Wirksamkeit einer solchen Software, sondern die Angst der Politiker vor den Reaktionen in der Bevölkerung. Insbesondere Rot-Grün zeigt sich zurückhaltend und schiebt die Schuld an der Skepsis in der Bevölkerung auf den Hollywood-Film „Minority Report“ und den jüngsten NSA-Überwachungsskandal. Beides habe die Angst der Bevölkerung vor einem Überwachungsstaat geschürt. Über den tatsächlichen Einsatz in den beiden Bundesländern wird noch entschieden.
In der aktuellen Version der deutschen Software werden lediglich Daten verwendet, die bereits vorliegen. Auf personenbezogene Daten werde bei der polizeilichen Ablage von Einbrüchen generell verzichtet, wichtiger seien die Tatumstände. Kritiker zweifeln jedoch daran, dass dies so bleiben wird. In den USA werden ähnliche Programme eingesetzt, die inzwischen Personendaten in die Auswertung mit einbeziehen. Auch die Piratenpartei zeigte sich kritisch und befürchtet, man könne Einbrecher aufgreifen und verurteilen, obwohl sie die tatsächliche Straftat noch gar nicht begangen hätten. Diese Bedenken wies der Bund Deutscher Kriminalbeamter zurück. Deutsche Richter würden anhand der Rechtslage urteilen und niemanden ohne das Vorliegen einer konkreten Straftat verurteilen.