Mit der rasanten Alterung Deutschlands Bevölkerung nähern sich auch die geburtenstarken Jahrgänge dem Rentenalter. Wenn sie in Rente gehen, wird dies die staatliche Alterssicherung vor enorme finanzielle Herausforderungen stellen. Aber auch der Wirtschaft drohen dann wachsende Personalnöte, wenngleich schon heute in vielen Branchen und Regionen der Fachkräftemangel immer größer wird. Daher hatte die Wirtschaftsorganisation OECD schon vor einigen Jahren allen hoch entwickelten Ländern zur Bewältigung des demografischen Wandels „längeres Arbeiten“ empfohlen. Dem Rat war Deutschland zunächst mit der 2006 beschlossenen Einführung der Rente mit 67 als eines der ersten Länder gefolgt.
Zwischenzeitlich haben andere Staaten weiterreichende Regelungen beschlossen, währenddessen Deutschland mit der abschlagsfreien Rente mit 63 sogar in die entgegengesetzte Richtung abdrehte. Auch die seit diesem Jahr geltenden neuen Flexirente kann nach Einschätzung der OECD-Ökonomen das Problem nicht lösen. Aktuell sei es für viele Senioren in Deutschland nicht lukrativ, weiterhin erwerbstätig zu bleiben, kritisiert Rentenexpertin Monika Queisser. Daher seien größere finanzielle Anreize notwendig, damit in Zukunft mehr Personen als bisher erst später den Arbeitsmarkt verließen. Doch die Heraufsetzung der gesetzlichen Altersgrenze ist in allen Industrieländern eine der unpopulärsten Rentenmaßnahmen. Mit der Flexibilisierung des Renteneintritts könnte den Bürgern das längere Arbeiten schmackhaft gemacht werden, glauben viele Sozialpolitiker. Schließlich wünschen sich die Bürger in Umfragen regelmäßig mehr Freiheit bei der Entscheidung, wann der Ruhestand beginnen soll. Gleitende Übergänge, die Verbindung von reduzierten Arbeitszeiten mit einer Teilrente gelten als attraktivere Variante zur aktuell starren Altersgrenze von 65 Jahren und sechs Monaten.
Mit dem in diesem Jahr umgesetzte Flexirenten-Gesetz fürchtet die OECD jedoch, dass hiermit vorwiegend ein Weg in die Frührente geschaffen wurde. Obwohl einerseits finanzielle Anreize geschaffen wurde, wenn Arbeitnehmer im Rentenalter weiterhin erwerbstätig bleiben, hat das Gesetz auch die Möglichkeiten erweitert, vorzeitig mit 63 Jahren seine Arbeitszeit zu verkürzen und eine Teilrente zu beziehen. Insofern könnte sich die Erwartung vieler Politiker, dass sich mit der Flexirente vor allem begehrte Fachkräfte für eine Verlängerung ihres Berufslebens entscheiden, nicht erfüllen.
Internationale Erfahrungen der OECD zeigen, dass der Effekt einer Flexirente bei nahe null liegt. Obwohl es Deutschland ist in den vergangenen Jahren gelungen ist, die Beschäftigungsrate Älterer zu steigern, ist hiervon vor allem die Altersgruppe der 55- bis 64-Jährigen betroffen. Dagegen arbeiten in Japan, in der Schweiz sowie in Skandinavien und Neuseeland in dieser Altersgruppe mehr Menschen. Auch in der Gruppe zwischen 65 und 69 Jahren sind in Deutschland weniger Personen berufstätig als in vielen anderen Staaten. Hierfür seien nach der OECD die Regelungen im deutschen Rentensystem verantwortlich. So kann jeder, der 45 Beitragsjahre vorweisen kann, ohne Abschläge auch weiterhin mit 65 Jahren in Rente gehen.