In anderen europäischen Ländern ist sie schon lange Standard und auch REWE-Kunden kennen sie seit Jahren: Die Möglichkeit, beim Bezahlen an der Supermarktkasse gleich noch Bargeld abzuheben. Trotzdem REWE auf diesem Gebiet Pionierarbeit leistete, ist es in Deutschland aber erst seit Kurzem möglich, relativ flächendeckend in den Filialen der gängigsten Einzelhandelsgeschäfte diesen Service zu nutzen. Für den Wandel gibt es mehrere Gründe.
Zum Einen ist es der Wandel in der Bankenwelt. Immer mehr Filialen werden geschlossen und auch das Geldautomatennetz wird stetig verkleinert, denn die Wartung der Automaten ist teuer. Damit einher gehen stark gestiegene Preise für Fremdabhebungen: bis zu 7 Euro verlangen Banken und Sparkassen dafür. Für Kunden wird es daher gerade in ländlichen Gegenden zunehmend unkomfortabler und teurer, via Bankautomat an Bargeld zu kommen. Eine steigende Anzahl von Kunden wechselt zudem zu Onlinebanken, bei denen zwar die Kontoführung bequem und kostenlos ist, die aber über kein eigenes Filial- und Geldautomatennetz verfügen und daher andere Wege finden müssen, ihre Kunden mit Bargeld zu versorgen.
Derzeit gibt es verschiedene konkurrierende Systeme, mit denen man außerhalb der klassischen Bankautomaten an Bargeld kommen kann. Am bekanntesten ist, wie gesagt, die Möglichkeit, an der Kasse von mittlerweile ca. 20.000 Einzelhandelsgeschäften überall in Deutschland Bargeld beim Bezahlen des Einkaufs abzuheben. Cash Back heißt der Service. Dazu sagt man dem Kassenpersonal vor dem Bezahlen, wie viel Geld man mitnehmen möchte, bezahlt mit der Girokarte (ehemals EC-Karte), autorisiert Zahlung und Geldabhebung mit der PIN, und bekommt das Geld bar ausgezahlt. Einkaufsbetrag und Barbetrag werden dann wie gewohnt vom Girokonto abgebucht. Der Kartenaussteller spielt keine Rolle. Der Vorgang ist für die Kunden kostenlos, die Gebühren, die die Banken für das Abheben erheben, trägt der Einzelhändler. Deshalb werden im Moment auch nur Girokarten akzeptiert, keine Kreditkarten: Bei diesen sind die Bankgebühren viel höher. Derzeit können in den meisten Läden bis zu 200 Euro abgehoben werden. Bedingung ist im Moment noch, dass der Kunde für einen Mindestbetrag Waren kauft, i.d.R. 20 Euro, in manchen Märkten 10 Euro. Das liegt an der Gesetzeslage. Die Regeln dürften den Einzelhändlern aber nicht unwillkommen sein.
Für die Händler hat das Angebot vor allem den Vorteil, dass es als zusätzlicher Service der Kundenbindung dient. Mittlerweile gibt es den Service auch in so vielen Märkten, dass es zum Standortnachteil werden kann, ihn nicht anzubieten. Ein Zusatznutzen für die Händler liegt darin, dass sie einen Teil ihrer Bargeldbestände los werden, denn nach wie vor zahlen die Deutschen in aller Regel ihre Einkäufe bar, auch wenn die Zahl der bargeldlosen Transaktionen steigt. Die Märkte senken so ihr Sicherheitsrisiko. Für die Kunden auf der anderen Seite liegt ein gewisses Risiko darin, dass an der Kasse kaum zu vermeiden ist, dass die nachfolgenden Kunden die Abhebung mitbekommen, auch wenn die abgehobenen Beträge mit durchschnittlich 50 bis 70 Euro nicht hoch sind. Diese fehlende Diskretion ist wohl der Hauptgrund dafür, dass derzeit noch relativ wenige Kunden von dieser Möglichkeit der Bargeldbeschaffung Gebrauch machen.
Eine andere Möglichkeit, außerhalb der Banken an Bargeld zu kommen, sind Tankstellen. Vorreiter sind die Shell-Tankstellen, an denen die Kunden bestimmter Banken mit der Girokarte oder mit Kreditkarten Bargeld abheben können. Ein weiteres System, das sogar noch mehr Möglichkeiten bietet, ist das Zahlungssystem des Berliner Start-Ups barzahlen.de, das in Zusammenarbeit mit bestimmten Banken und Einzelhändlern, allen voran wiederum REWE, Menschen die Möglichkeit gibt, sich im Supermarkt nicht nur Geld auszahlen zu lassen, sondern auch Geld einzuzahlen oder Rechnungen zu begleichen. Unterstützt die Hausbank den Dienst – derzeit v.a. einige Privatbanken, aber auch die erste Sparkasse ist dabei –, kann der Kunde via Smartphone über die App der Bank einen Barcode für eine bestimmte Transaktion (Einzahlung, Auszahlung, Überweisung) generieren. Den Barcode kann er an der Kasse eines Einzelhändlers einscannen lassen und dann Geld einzahlen oder sich auszahlen lassen oder die Rechnung vom Konto oder bar bezahlen – ohne, dass er dabei dem Supermarkt seine Bankverbindung offenlegen muss. Derzeit fallen allerdings teilweise noch Gebühren für diese Transaktionen an.
Zu erwarten ist, dass die Kundenakzeptanz für die alternativen Möglichkeiten der Bargeldbeschaffung in Zukunft eher steigen wird, vor allem in ländlichen Gebieten, in denen die Infrastruktur der Banken immer mehr ausgedünnt wird. Der Markt der alternativen Geldbeschaffungssysteme ist allerdings noch im Fluss, bisher hat sich kein einheitliches System durchgesetzt. Der Kunde sollte daher zwar keine grundsätzliche Scheu vor den neuen, ungewohnten Möglichkeiten haben, sich aber doch informieren, bevor er sie nutzt.