Durchschnittlich 53 Stunden arbeiten Lehrer nach einer Studie der Uni Göttingen, obwohl die niedersächsische Arbeitszeitverordnung nur 40 Stunden pro Woche vorsieht. Einige Lehrer arbeiten der Studie zufolge sogar bis zu 70 Stunden wöchentlich. Nun wollen zehn Lehrer ihren Dienstherrn, das Land, verklagen. Die bestehende Arbeitszeitverordnung soll geändert werden, fordert die niedersächsischen Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW), die die Grundschullehrer und -Leitungen die bei ihrem Gang vor Gericht unterstützt. Auch Klagen von Gymnasiallehrern sollen noch folgen.
Dabei appellieren die Lehrer an die Fürsorgepflicht ihres Arbeitgebers. Durch weniger Unterrichtsstunden bliebe mehr Zeit für die Unterrichtsvorbereitung und für alle anderen Aufgaben, die hauptsächlich bei Schulleitern in den vergangenen Jahren zugenommen hätten. Gerade durch die Inklusion, den Ganztag, die Sprachförderung und Integration von Flüchtlingskindern sowie die Zunahme von Elterngesprächen ist der Arbeitszuwachs gestiegen. Dennoch habe sich die Arbeitszeitverordnung in den letzten 20 Jahren nicht an die Anforderungen angepasst. Zwar gab es leichte Entlastungen seitens der Behörde, doch diese genügen noch nicht. So müsse die Schule für jedes Inklusionskind zwei Gutachten schreiben, einmal zur Einschulung und schließlich wenn die Schüler die Schule wieder verlassen. Der Zeitaufwand für die Erstellung eines Gutachtens dauere nach Angaben eines Grundschulleiters etwa 20 Stunden. Auch die Auswahl und Koordination von Mitarbeitern für die sogenannte verlässliche Grundschule, für die Sprachförderung in Kitas und für die 40 AGs pro Woche im Rahmen des Ganztages sind als Aufgaben hinzugekommen.
Das niedersächsische Kultusministerium hat daher ein Expertengremium, bestehend aus Wissenschaftlern und Vertretern aus der Schulpraxis sowie den Gewerkschaften und Berufsverbänden eingesetzt. Diese Arbeitszeitkommission hat sich seit Januar bereits elf Mal getroffen. Schon Mitte Oktober soll laut dem Ministerium ein Zwischenstand vorliegen und im Frühjahr 2018 der Abschlussbericht.
Schon länger herrscht Streit um die Frage, wie viel Lehrer arbeiten. So hatte Kultusministerin Frauke Heiligenstadt (SPD) vor zwei Jahren Gymnasiallehrer verpflichtet, eine Stunde mehr zur arbeiten, nämlich 24,5 Wochenstunden. Hierauf protestierten Lehrer, boykottierten sogar Klassenfahrten, und eine Lehrerin reichte Klage ein. Das zuständige Oberverwaltungsgericht urteilte schließlich, dass die neue Arbeitszeitverordnung tatsächlich rechtswidrig war. So bleibt die Pflichtstundenzahl an niedersächsischen Gymnasien bei einer vollen Stelle bei 23,5 Stunden, an Realschulen bei 26,5 Stunden, an Hauptschulen bei 27,5 Stunden und an Grundschulen bei 28 Stunden.