Nachdem Polizisten auf den Handys mancher Schüler bei Razzien auf Pausenhöfen im Jahr 2006 harte Pornos und brutale Gewaltvideos fanden, beschloss die CSU-geführte Staatsregierung Bayerns, Smartphones, Laptops und Kameras in der Schule zu verbieten, sofern sie nicht für den Unterricht gebraucht werden. Seitdem ist Bayern das einzige Bundesland, das eine solche Regelung in seinem Schulgesetz verankert hat und bis heute hält das Kultusministerium eben hieran noch fest. Der Passus im Bayerischen Erziehungs- und Unterrichtsgesetz sei ein "wirksamer Schutz der Schüler" vor Cybermobbing. Dort heißt es in Artikel 56: "Im Schulgebäude und auf dem Schulgelände sind Mobilfunktelefone und sonstige digitale Speichermedien, die nicht zu Unterrichtszwecken verwendet werden, auszuschalten. Die unterrichtende oder die außerhalb des Unterrichts Aufsicht führende Lehrkraft kann Ausnahmen gestatten.“
Nach nun elf Jahren Handyverbot fordert der Landesschülerrat vom Kultusministerium mit einer Onlinekampagne "schulintern individuell regelbare Verfahren" zum Umgang mit Handys. So sollten die Schulforen, bestehend aus Vertretern des Rektorats, der Eltern, Schüler und Lehrer der jeweiligen weiterführenden Schule uneingeschränkt über ein Verbot entscheiden können. Die Einschränkung der Nutzung der Handys sei zwar angenehm für die Staatsregierung, doch sie zeuge von Hilflosigkeit und löse keine Probleme, erklärt der Landesschülerrat Bayern. Besser als das Medium zu verbannen sei es, das Mobbing zu bestrafen. Diese Position wird auch vom Bayerischen Lehrer- und Lehrerinnenverband und des Bayerischen Elternverbands unterstützt. Rückendeckung erhält der Landesschülerrat auch von der Bertelsmann-Stiftung. Die Schule solle nicht ihren analogen Kosmos pflegen, während sich alles um sie herum digitalisiere.
Ausgelöst von der Auseinandersetzung an einer bayerischen Schule wurde die Debatte wieder entfacht: Das Johann-Schöner-Gymnasium in Karlstadt hatte zwei Jahre lang mit Eltern und Lehrern um eine neue Regelung gerungen, die es den Schülern begrenzt ermöglichte, in der Mittagspause ihre Handys zu nutzen. Als jedoch eine neue Schulleiterin ihr Amt antrat, bat diese das Kultusministerium um eine juristische Einschätzung. Nachdem das Ministerium die Lockerung des Handyverbots als zu weitgehend empfand kippte die Schulleitung daher die Regelung wieder.
Dennoch stehen hinter einem generellen Handyverbot kaum noch eine Partei. So halten es viele Abgeordnete der Grünen, Freien Wähler, AfD, Linke, SPD und FDP nicht mehr für zeitgemäß und "negiere die Lebenswirklichkeit der Jugendlichen". Die FDP tritt auch hier für die Digitalisierung ein: "Das Digitalste an der Schule darf nicht die Pause sein." Doch auch innerhalb der CSU beginnt ein Umdenken, zumindest bei den Netzexperten innerhalb der Regierungspartei.