In Deutschlands Ballungszentren steigen die Mieten und Immobilienpreise schon seit Jahren stark. Dies freut zwar die Eigentümer, doch diejenigen, die auf der Suche nach einem neuen Zuhause sind, verzweifeln. Glaubt man allerdings dem Rat der Immobilienweisen, ist nun der Höhepunkt dieser Entwicklung erreicht. Möglicherweise sinken in einigen großen Städten sogar demnächst die Preise.
Das Analysehaus Empirica übergab das Frühjahrsgutachten der Immobilienwirtschaft Ende Februar an das Bundesbauministerium. Empirica bezeichnete den starken Anstieg der Mieten und Kaufpreise im vergangenen Jahr als ein letztes Aufbäumen des Marktes. So sagt das 300 Seiten dicke Gutachten voraus, dass zumindest in Berlin, München und Stuttgart die Kaufpreise in den kommenden vier Jahren um ein Viertel bis ein Drittel sinken werden. Zuvor hatte die Bundesbank gewarnt, dass die Immobilienpreise in Deutschlands Metropolen 35 Prozent zu teuer seien.
Die Regierungsberater erwarten aus vielerlei Gründen in einigen Städten einen Preisrückgang, wobei der wichtigste sei, dass die jungen Menschen wegbleiben. So habe in den letzten Jahren vor allem der Zuzug der 20- bis 30-Jährigen die Nachfrage und damit auch die Preise in den Städten in die Höhe getrieben. Nun könnten sich die Jungen die Immobilienpreise in München oder Berlin schlicht nicht mehr leisten und zögen daher nun in andere, günstigere Städte, wie beispielsweise Passau oder Leipzig.
Doch auch sonst sinkt die Nachfrage. So ist die Zuwanderung durch Flüchtlinge oder Südeuropäer auf der Suche nach Arbeit rückläufig. Gleichzeitig wurde jedoch so viel gebaut wie lange nicht mehr. Nach dem Ministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit wurden im Jahr 2017 in Deutschland 320 000 Wohnungen fertig geworden. Auch in diesem Jahr sollen es rund 350 000 sein, was etwa dem Bedarf entspricht, den Fachleute immer wieder benennen. Damit werde das neue Wohnungsangebot in München, Stuttgart und Frankfurt die neue Nachfrage sogar erstmals seit Jahren übertreffen. Falls die Preise noch weiter ansteigen, dann allenfalls kurzfristig, so die Erwartung der Gutachter, zu denen auch der Wirtschaftsweise Lars Feld gehört.
2017 stiegen die Mieten jedoch noch einmal ordentlich um durchschnittlich 4,3 Prozent in Neuverträgen. Den größten Anstieg verzeichnete dabei Berlin mit 7,6 Prozent auf 9,10 Euro je Quadratmeter, doch absoluter Spitzenreiter war München mit 15,10 Euro. Doch auch die Kaufpreise stiegen deutlich um 7,9 Prozent. Hier war der größte Zuwachs in Frankfurt mit 16,9 Prozent auf 4.030 Euro je Quadratmeter. Am teuersten war dagegen München mit 6.500 Euro je Quadratmeter.
Der Grund für den viel stärkeren Anstieg der Kaufpreise gegenüber den Mieten seit dem letzten Wendepunkt auf dem Immobilienmarkt im Jahr 2009, nämlich 61 Prozent gegenüber 26 Prozent, sei hauptsächlich auf die Nullzinspolitik der EZB zurückzuführen. Kaufwillige könnten heute im Vergleich zu den Konditionen des Jahres 2008 mit den heutigen Zinsen einen 39 Prozent höheren Kredit finanzieren. Doch auch wenn die Immobilienpreise nun tatsächlich sinken sollten, sieht der Wirtschaftsweise keine Gefahr für die Volkswirtschaft als Ganzes, da nur einige wenige Städte hiervon betroffen seien und der Eigenkapitalanteil in Deutschland noch immer hoch sei.