Inklusion soll immer mehr Schüler in Deutschland mit und ohne Förderbedarf zusammen lernen lassen. Davon sollen alle Schüler profitieren. Doch sie bringt auch Eltern und Lehrer auf die Barrikaden.
Viel zu selten bekämen die beeinträchtigten Schüler die Hilfe, die sie brauchen, ärgern sich viele Eltern. Die Politik stelle zu wenig Ressourcen für das gemeinsame Lernen bereit, es werde auf Kosten der Kinder gespart. Bereits zwei Landesregierungen, nämlich in Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein mussten deshalb ihr Amt nach den Landtagswahlen niederlegen. Die CDU siegte mit dem Versprechen, die Inklusion auf Eis zu legen.
Nach langem Zögern hatte die Bundesrepublik 2009 die Uno-Behindertenrechtskonvention ratifiziert und das gemeinsame Lernen zur bundesweiten Maßgabe erklärt: Alle Kinder mit und ohne sonderpädagogischen Förderbedarf sollten das Recht bekommen, eine "normale" Schule zu besuchen. Niemand sollte mehr gezwungen sein, in oft weit entfernte Sonderschulen zu gehen. Doch an der Umsetzung hapert es. In Hamburg steht die nächste Wahl zwar erst 2020 an, doch einige Eltern und Lehrer haben nun die Volksinitiative „Gute Inklusion“ gegründet. Sie wollen die Inklusion nicht abschaffen, aber die Bedingungen verbessern. Mit einer Unterschrifteninitiative können Hamburger Bürger ein Anliegen ins Parlament bringen, wenn sie innerhalb von sechs Monaten mindestens 10.000 Unterschriften sammeln können. Die Initiative konnte dies schon nach nur sechs Wochen erreichen.
Dieser massive Druck aus der Bevölkerung soll die Politik nun zwingen, mehr Geld ins Schulsystem zu pumpen. Die Inklusion sei nach Ansicht von Pit Katzer, ehemaliger Schulleiter und einer der Sprecher der Initiative, nur mit mehr pädagogischem Personal, Therapie- und Pflegekräften, Räumen und barrierefreien Schulen zu retten. Diese Forderungen will die Initiative am 11. Juli in der Bürgerschaft vortragen. Schon beim Ganztagesangebot hatten sich Hamburger Bürger dort durchsetzen können.
Geht es nach der Hamburger SPD, laufe die Inklusion in der Stadt im bundesweiten Vergleich jedoch vorbildlich. In der Tat hatte Hamburg das gemeinsame Lernen schneller und konsequenter umgesetzt als viele andere Bundesländer. 65 Prozent der Kinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf gehen dort in eine Regelschule. 2010 gingen nur 16 Prozent von ihnen in eine Regelschule. Seither habe man speziell für die Inklusion 450 zusätzliche Lehrer eingestellt, dazu noch allgemein 950 zusätzliche Lehrer und 30 Extra-Lehrer für spezielle Sonderschulen. Dazu wurde die Zahl der Schulbegleiter verfünffacht. Diese Schulreform sei eine der teuersten bisher, so ein Bildungssenator.