Alle führenden Wirtschaftsinstitute prognostizieren der deutschen Wirtschaft, dass sie in den nächsten Jahren weiter wächst – wenn auch nicht mehr so schnell wie in den vergangenen Jahren. Das ist angesichts der nach wie vor übervollen Auftragsbücher vielleicht nicht einmal allzu schlimm für die Unternehmen, die so einmal durchatmen können – zumal die Situation der deutschen Wirtschaft bei historisch niedriger Arbeitslosigkeit als sehr robust gilt. Trotzdem nahm Bundesfinanzminister Scholz die nach unten korrigierten Prognosen zum Anlass, das Ende der fetten Jahre für die deutsche Wirtschaft zu verkünden und allzu großen Ausgabewünschen der Kabinettskollegen einen Riegel vorzuschieben.
Ob die Abkühlung nun kommt und in welcher Höhe – in punkto Ausgabendisziplin ist jedenfalls noch kräftig Luft nach oben, findet der Bund der Steuerzahler in seinem Frühjahrsgutachten, und listet eine Reihe von Projekten aus den aktuellen Haushalten fast aller Ministerien auf, die aus Sicht der Steuerzahler zumindest fragwürdig sind. Einige Projekte gehören zu neuen Themenfeldern wie dem Klimawandel – einige Geldgräber sind hingegen schon uralt.
Das Bundesumweltministerium z.B. fördert die Betreiber von Campingplätzen mit 95.000 Euro, damit diese Maßnahmen ergreifen, um sich auf mögliche neue Wetter-Szenarien im Zuge des Klimawandels einzustellen – das aber gehört wohl eher zum unternehmerischen Risiko der Campingplatzbetreiber, zumal es die notwendigen Informationen der Meteorologen gratis gibt. Ähnlich fragwürdig ist die Förderung des Bundeswirtschaftsministeriums für die Anschaffung eines neuen Wäschetrockners der höchsten Energieeffizienzklasse – bis zu 6.000 Haushalte sollen dafür bis zu 655.000 Euro erhalten. Abgesehen davon, dass das am ehesten bei Gutverdienern, die sich die teuren Geräte leisten können, zu Mitnahmeeffekten führt, führt es wohl auch dazu, dass voll funktionsfähige Geräte, die „nur“ die zweithöchste Energieeffizienzstufe haben, ausgemustert werden. Im Sinne einer gerechten, nachhaltigen Konsumförderung ist die Maßnahme also nicht.
In einigen Fällen subventioniert die Politik mit Steuergeld gezielt einzelne Branchen und Unternehmen, die das eher nicht nötig hätten. Das Bundeswirtschaftsministerium z.B. zahlt der Audi AG eine halbe Million Euro dafür, dass der Konzern in der Zentrale Ingolstadt die Kälteanlagen und Transformatoren erneuert, um Strom zu sparen. Sogar 50 Millionen Euro will das Bundesverkehrsministerium der deutschen Computer- und Videospiele-Industrie zahlen, um die in der boomenden Branche schwächelnden deutschen Spiele-Schmieden an die internationale Konkurrenz anschlussfähig zu machen. Und das Bundesforschungsministerium subventioniert die Entwicklung einer innovativen Maschine zur schonenden und wassersparenden Reinigung von Blattsalaten, um die immer wieder beklagte Belastung mit Keimen bei vorverpackten Salaten in den Supermärkten zu senken. In jedem dieser Fälle ist der gesamtgesellschaftliche Nutzen der Subventionierung von Unternehmen fraglich, die die Gewinne, die mit den Subventionen eventuell gemacht werden, selbst einstecken.
Auch Bundesverwaltung und Bundeswehr sind nach Ansicht des Bundes der Steuerzahler mit Steuergeld bisweilen sehr großzügig. Das beginnt bei uralten Relikten des Beamten- und Soldatenrechts. Die Ministerialzulage z.B. wurde in der Weimarer Zeit eingeführt. Heute bekommen etwa 26.000 Beamte der obersten Bundesbehörden und Gerichte diese Zulage zum regulären Gehalt, die die persönlichen Anforderungen und Belastungen der Beamten pauschal abgelten soll – nach dem Gießkannenprinzip, ohne Ansehen der tatsächlichen Belastung. Ein Privileg, dass nicht mehr zeitgemäß ist. Ebenso alt und ebenso wenig zeitgemäß ist der Ordonnanzerlass – eine Vorschrift, die voll ausgebildete Soldaten verpflichtet, in den privaten Offiziers- und Unteroffiziersheimen Servicedienste zu leisten. Kosten für den Steuerzahler: ca. 25 Millionen Euro pro Jahr.
Auch die wachsende Tendenz aller Ministerien, sich von externen Beratern beraten zu lassen, statt auf die Expertisen der eigenen Leute zu setzen, wird kritisiert. Dass die Politik sich für einzelne Fragen externe Hilfe holt, sei nicht zu beanstanden – wohl aber, dass mittlerweile sogar Kernaufgaben der Bundesverwaltung von Externen wahrgenommen werden.
Und dann sind da noch Projekte, die eher skurril wirken, es angesichts der Summen, die dabei fließen, aber nicht sind. Dazu gehört die Förderung des Reeperbahn-Festivals in Hamburg, die von etwa 200.000 Euro pro Jahr auf nunmehr 2 Millionen Euro pro Jahr verzehnfacht worden ist – zulasten der Etats des Bundeskanzleramtes und des Auswärtigen Amtes. Und das Bundesverkehrsministerium fördert mit immerhin 600.000 Euro „Bühnenaufbauten auf den Bahnhöfen“ der Deutschen Bahn, samt den Honoraren für Musiker, musikalische Bearbeitungen und Kommunikation in den Neuen Medien. Diese Investitionen in die Verschönerung von Bahnhöfen soll die Attraktivität der Bahn steigern – pünktlichere Züge wären möglicherweise zielführender.