Baden-Württemberg war einst Vorreiter für den Rest der Bundesrepublik in Sachen Fremdsprachenunterricht. 2003 hatte man dort begonnen, Fremdsprachen an Grundschulen flächendeckend zu unterrichten. Entlang der Grenze wurde Französisch, ansonsten Englisch unterrichtet.
Doch nun will Baden-Württemberg – wieder als Vorreiter – den Fremdsprachenunterricht ab dem Schuljahr 2018/19 erst von der dritten Klasse an unterrichten, anstatt ab der Ersten. Die baden-württembergischen Schüler hätten nach dem Stuttgarter Kultusministerium im Vergleich mit anderen Bundesländern beim Lesen, Schreiben und Rechnen schlechter abgeschnitten als in der Vergangenheit.
Das Ministerium betonte, die Änderung beim Fremdsprachenunterricht sei kein Sparprogramm, sondern ziele auf eine qualitative Weiterentwicklung der Grundschulen. Mit den frei werdenden Ressourcen soll die Stärkung der Kompetenzen in Deutsch und Mathematik in den Grundschulen erreicht werden. Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) in Baden-Württemberg, widerspricht hingegen dieser Darstellung. So sei die Einschränkung des Fremdsprachenunterrichts in der zu geringen Anzahl von Grundschullehrern begründet. Dabei sei die Bedeutung früher Fremdsprachenkenntnisse sehr wichtig, da das Land von internationalen Kontakten lebe. Ob Französisch jedoch an der Rheinschiene sinnvoller sei als Englisch, könne diskutiert werden.
Zwar fehlen noch Studien über die Auswirkungen des frühen Französischunterrichts, doch für das Fach Englisch ist 2015 die Untersuchung "Der Lernstand im Englischunterricht am Ende von Klasse 4" des sogenannten BIG-Kreises erschienen, einem Zusammenschluss von Fachdidaktikern. Dort wurden 2148 Schülern aus ganz Deutschland befragt und deren Leistung getestet. Die Ergebnisse seien akzeptabel beim Schreiben, sehr akzeptabel beim Hörverstehen und sehr erfreulich beim Leseverstehen. Die Schüler fanden das Fach Englisch zudem zu 80 Prozent "cool". Dabei seien die Unterschiede bei den Kenntnissen jedoch groß. So erlebten manche einen überwiegend spielerisch aufgezogenen Unterricht und andere lernten mit fast gymnasial-propädeutischen Verfahren. Daher sei die Kultusministerkonferenz aufgefordert, "baldmöglichst verbindliche (Mindest-)Standards für den Englischunterricht in der Grundschule zu entwickeln", da sonst auch zukünftig in der fünften Klasse viel Unterrichtszeit darauf verwendet werden müsse, die Schüler auf einen einheitlichen Lernstand zu bringen.
In welcher Grundschulklasse dagegen der Fremdsprachenunterricht begonnen werden soll, ist trotz der Studie unklar. In Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und Hamburg wird ab der ersten Klasse eine Fremdsprache gelehrt, in NRW erst ein Jahr später und in den übrigen Bundesländern erst ab der dritten Klasse.