Im Dezember 2018 tauschte Winfried Kretschmann, grüner Ministerpräsident von Baden-Württemberg, seinen Hybrid-Dienstwagen gegen das erste Serienelektroauto mit Brennstoffzellen von Mercedes-Benz ein: den GLC F-Cell. In der Landesregierung ist er nicht der einzige, der auf einen Wasserstoffwagen umsteigt. Baden-Württemberg forciert derzeit massiv die Forschung und Entwicklung dieser Technologie.
In Brennstoffzellen wird Energie erzeugt, indem ein Brennstoff und ein Oxydationsmittel chemisch reagieren und dabei Energie erzeugen. Die Wasserstoff-Sauerstoff-Zelle ist die bekannteste Anwendung. Derzeit ist vor allem die energieaufwendige Produktion von Wasserstoff ein Hemmnis. Selbst wenn die Produktion mit Erneuerbaren Energien erfolgt, ist die Herstellung enorm energieaufwendig – und die Energiebilanz verschlechtert sich zusätzlich dadurch, dass der Wasserstoff noch verflüssigt werden muss, um transportierbar zu sein. Hinzu kommt, dass für die Brennstoffzellenherstellung das Edelmetall Platin notwendig ist und momentan nicht ersetzt werden kann. Platin aber ist selten und teuer.
Mercedes-Benz produziert seinen ersten Brennstoffzellwagen im Moment nur in kleiner Serie, vorwiegend für Firmenkunden und die Verwaltung. Auch von anderen Anbietern ist das Angebot an Wasserstoffautos überschaubar. Die beiden ersten Hersteller, die Wasserstoffwagen breiteren Bevölkerungsschichten anboten, waren Hyundai und Toyota. Mittlerweile haben Audi, Honda und einige andere Anbieter nachgezogen. Alle diese Entwickler stehen jedoch vor dem Problem, dass die Wasserstoffautos die entsprechende Infrastruktur an Tankstellen benötigen, um für die Nutzer interessant zu sein. Der GLC F-Cell von Mercedes beispielsweise hat im Wasserstoffmodus eine Reichweite von etwa 430 km. Ca. 60 Tankstellen deutschlandweit (im Vergleich dazu gibt es etwa 15.000 normale Tankstellen in Deutschland!), an denen Wasserstoff nachgefüllt werden kann, sind da bei Weitem nicht genug. Hinzu kommt, dass die Autos relativ teuer sind: Ab 70.000 Euro kostet ein Wasserstoffauto derzeit. Entsprechend zurückhaltend reagieren die Käufer – das wiederum beflügelt nicht unbedingt die Hersteller, die Technologie zu forcieren, und die Tankstellenbesitzer, die neue Infrastruktur bereitzustellen.
Um die Forschung anzukurbeln und die Zukunftstechnologie nicht asiatischen Herstellern zu überlassen, hat Baden-Württemberg nun eine neue Initiative zur Bündelung der Kräfte aus Politik, Wissenschaft und Industrie gestartet. Die Hyfab Baden-Württemberg, eine Forschungsfabrik für Brennstoffzellen und Wasserstoff, widmet sich schwerpunktmäßig der Entwicklung von schnellen, automatisierten Fertigungs- und Qualitätssicherungsverfahren bei der Herstellung der Brennstoffzellen mit dem Ziel, die Herstellungskosten deutlich zu senken. Hyfab ist mit Standorten in Ulm und Freiburg an maßgebliche wissenschaftliche Institute angeschlossen, das Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme (ISE) in Freiburg und das Zentrum für Sonnenenergie und Wasserstoffforschung in Ulm.
Während das Land sich bereits an der Förderung dieser Forschungsinitiative beteiligt, ist der Bund noch nicht eingebunden. Das soll sich nach dem Willen der Landesregierung ändern – die Bundesregierung hat ja entsprechende Fördermittel bereitgestellt. In einem entsprechenden Brief wenden sich die Landesminister nun an Bundesverkehrsminister Scheuer und Bundeswirtschaftsminister Altmaier. In die Entwicklung wurden von Anfang an auch Partner aus der Industrie eingebunden, derzeit vor allem im Kontext der Entwicklung von Wasserstoffvarianten für LKW und Busse. Gerade im öffentlichen Nahverkehr gibt es großes Potential für die Technologie.
Nicht zuletzt geht es bei dem Vorstoß der Landesregierung natürlich auch darum, Arbeitsplätze zu schaffen und dauerhaft zu sichern – um nicht, wie bei der Batterietechnik für Elektrofahrzeuge, Schlüsseltechnologien der asiatischen Konkurrenz zu überlassen.