Die Bundesnetzagentur hat bekannt gegeben, nach welchen Regeln Anfang 2019 die Frequenz-Lizenzen für den neuen Mobilfunk-Standard der 5. Generation – kurz G5 – versteigert werden sollen. Im Vorfeld hatte es sowohl von Seiten der Politik als auch aus den Reihen der Wirtschaft Protest gegeben. Worum geht es?
5 G ist eine Investition in die Zukunft der Mobilfunktechnik. Derzeit gibt es erste Testnetze der Telekom und von Vodafone, und seit im Sommer 2018 der erste internationale 5 G-Standard verabschiedet worden ist, auch erste Produktentwicklungen – alles in allem aber ist die Technologie derzeit vor allem Vision. Was man sich von ihr erhofft: bis zu 100-fach höhere Datenraten als in den derzeitigen LTE-4 G-Netzen, rund 1000-fach höhere Datenkapazität, extrem niedrige Antwortzeiten von gerade einmal 1 Millisekunde, extrem niedrigerem Energieverbrauch für die Datenübertragung und die Fähigkeit, bis zu 100 Mrd. Geräte weltweit gleichzeitig ansprechen zu können. Nach heutigem Stand sind das astronomische Standards – für vieldiskutierte Zukunftstechnologien wie das Internet der Dinge oder selbstfahrende Autos sind sie jedoch unabdingbare Voraussetzung.
Damit diese technischen Möglichkeiten Wirklichkeit werden, muss zunächst die Infrastruktur für G 5 geschaffen werden. Die Versteigerung der Frequenzen ist dazu nur ein erster Schritt – im zweiten müssen die Netze gebaut werden. Konkret heißt das: Es müssen große Mengen Funkmasten zusätzlich gebaut werden, Gerüchten zufolge bis zu einer Dreiviertelmillion in Deutschland. Bereits jetzt gibt es Widerstand in der Bevölkerung gegen die Genehmigung von Sendemasten, ähnlich wie beim Ausbau der Stromtrassen im Zuge der Energiewende – ein massives Problem für die Firmen. Zudem müssen die Glasfasernetze ausgebaut werden, denn nur wenn die Funkmasten an Glasfasernetze der Provider angeschlossen sind, können die riesigen Datenmengen praktisch in Echtzeit übertragen werden.
Parallel zum Ausbau der Hardware werden in Abstimmung mit möglichst allen internationalen Beteiligten die Standards für die G 5-Technologie definiert. Und auch der nationale gesetzlicher Rahmen ist abzustecken. Letzteres war bereits im Vorfeld der Veröffentlichung der Vergaberichtlinien für die G 5-Lizenzen Thema. Politiker aller Parteien der Großen Koalition und auch der Linken forderten beispielsweise, die Situation der Verbraucher zu stärken und wirksame Maßnahmen gegen die derzeitigen Funklöcher auf dem Land zu ergreifen. Gefordert wurde ein lokales Roaming, d.h., das Mobilfunkanbieter, die in einem Gebiet den einzigen verfügbaren Funkmasten betreiben, diesen gegen Entgelt auch anderen Anbietern zur Verfügung stellen müssen, damit Kunden, die bei der Konkurrenz einen Vertrag haben, in diesem Gebiet auch Empfang haben. Dagegen wehrt sich vor allem die Telekom, die derzeit über das dichteste Funkmastnetz verfügt – sie will verhindern, dass die Konkurrenz von ihren Investitionen profitiert. Ein solches lokales Roaming sehen die Richtlinien der Bundesnetzagentur nun nicht vor – wohl aber eine Verpflichtung der Anbieter, miteinander zu kooperieren, und eine Schiedsrichterrolle der Bundesnetzagentur selbst für Fälle, in denen keine Einigung gelingt. Fraktionsübergreifend fordern Politiker von SPD, CDU und Linken jedoch mehr – sie wollen nun per Änderung des Telekommunikationsgesetzes der Bundesnetzagentur eine ähnlich starke Rolle einräumen wie dem Bundeskartellamt, mit der Befugnis, lokales Roaming in Einzelfällen anzuordnen, und der Befugnis, Verstöße der Telekommunikationsanbieter ähnlich hart mit Bußgeldern zu belegen wie das Kartellamt. Von der Wirtschaft wird dieser Vorstoß begrüßt – gelinge die flächendeckende Versorgung mit den neuen Technologien nicht, würden ganze Gebiete von der technologischen Entwicklung abgeschnitten.
Weitere Vorgaben der Bundesnetzagentur an die Bieter der G 5-Frequenzen nehmen ebenfalls auf das Problem der Versorgungsdichte Bezug. So wird den Bietern zur Auflage gemacht, bis Ende 2022 in jedem Bundesland mindestens 98% der Haushalte mit dem derzeitigen Standard G 4-LTE auszustatten. Auf die so entstehende Infrastruktur setzen in einem zweiten Schritt die G 5-Technologien auf – wobei allerdings noch einmal mehr Funkmasten gebaut werden müssen, denn die Frequenzen von G 5 haben technisch bedingt eine kleinere Reichweite als bei LTE. Auch von einer Ausstattung mit LTE können viele ländliche Gegenden derzeit nur träumen. Zudem müssen die Bieter bis Ende 2022 alle Bundesautobahnen, die wichtigsten Bundesstraßen und Schienenwege mit einer Übertragungsrate von mindestens 100 Megabit ausstatten – das ist die Voraussetzung für selbstfahrende Autos. Auch die Wasserwege sollen zumindest mit dem G 4-LTE-Standard ausgebaut werden.
Und die Anwendungen? Bereits im kommenden Jahr sollen die ersten G 5-fähigen Handys auf den Markt kommen. Massenmarkttauglich werden die Anwendungen jedoch wohl erst in zwei bis drei Jahren sein. Die Erfahrung zeigt, dass neue technische Möglichkeiten unausweichlich neue technische Anwendungen nach sich ziehen. Was derzeit passiert, ist die Weichenstellung für die Technologien der Zukunft.