Die Entwicklung hin zur digitalen Gesellschaft gilt als unausweichlich: Das Internet der Dinge und die Vernetzung von Maschinen in der Industrie sind nur Stichworte für Entwicklungen, die die gesellschaftliche Realität in den nächsten Jahren massiv verändern könnten – wenn die infrastrukturellen Voraussetzungen dafür geschaffen werden. Ein Schritt hierzu ist die Versteigerung der 5 G-Lizenzen. Die Vergaberichtlinien für die Auktion legte die Bundesnetzagentur im vergangenen November fest, begleitet von massivem Protest aus Politik, Wirtschaft und von Interessenverbänden. Gemäß dem Zeitplan hätte die Versteigerung im März stattfinden sollen. Klagen und Eilanträge praktisch aller Beteiligter könnten den Ablauf nun aber verzögern.
Die deutsche Tochter der spanischen Telefonica (O2) hatte bereits im Dezember 2018 gegen die Vergaberichtlinien der Bundesnetzagentur geklagt. Nun reichte sie zusätzlich Eilantrag beim Verwaltungsgericht Köln ein mit dem Ziel, die Auktion zu verhindern, bis die Klage in der Sache entschieden sei. Die Telekom, die ebenfalls geklagt hatte, hatte demgegenüber keine Maßnahmen ergriffen, um die Auktion selbst zu verzögern.
Grund für die Klagen von Telefonica und Telekom: Die Auflagen der Bundesnetzagentur zur flächendeckenden Versorgung – bis Ende 2022 sollen mindestens 98% der Haushalte in allen Bundesländern mit einer Übertragungsrate von mindestens 100 MBit/s versorgt sein – sei utopisch und mit den bereit gestellten Frequenzen im 3,6-GHz-Bereich nicht zu realisieren. Aus Sicht der Verbraucher sind die ambitionierten Vorgaben der Bundesnetzagentur allerdings zu begrüßen – im internationalen Vergleich ist Deutschland auch schon bei der Versorgung mit LTE-4 G abgeschlagen.
Geklagt wird auch und vor allem gegen die Verpflichtung der Anbieter zwar nicht direkt zum lokalen Roaming, wohl aber zur fairen Zusammenarbeit, damit auch in ländlichen Regionen keine Funklöcher bestehen. Die Bundesnetzagentur hat sich selbst hierfür eine Schiedsrichterrolle eingeräumt. Telekom, Telefonica und der dritte große Netzbetreiber in Deutschland, Vodafone, lehnen eine solche auch teilweise Pflicht zur Öffnung ihrer Netze ab – der vierte Bieter, die United Internet-Tochter 1 & 1 Drillisch, die bisher über kein eigenes Netz verfügt, sähe sie naturgemäß gern Realität werden. Dem Neueinsteiger auf dem deutschen Markt machen es die Vergaberichtlinien zur Vorgabe, in den nächsten Jahren ein eigenes Netz aus Mobilfunkmasten aufzubauen – die Anforderungen seien aber zu hart, klagt der Anbieter. Trotzdem hat sich der 1 & 1-Chef bereits 2,8 Mrd. Euro Kreditlinie für den Netzsaufbau genehmigen lassen.
Ein weiterer Streitpunkt wird wohl eher nicht zu Verzögerungen bei der Auktion führen, möglicherweise aber zu Verzögerungen beim physischen Aufbau der Netze: die Diskussion um den chinesischen Ausrüster Huawei sowie andere chinesische Unternehmen wie ZTE, mit der z.B. United Internet sein Netz aufbauen will. Das Problem: Zwar gibt es europäische Hersteller wie Nokia und Ericsson, die als Ausrüster für 5 G-Netze in Frage kommen. Keines hat aber die Leistungsfähigkeit der Chinesen.
Huawei steht vor allem auf Betreiben der USA unter Druck. Der US-Geheimdienst NSA hat in den letzten Monaten große Anstrengungen unternommen, die Europäer davon zu überzeugen, dass Huawei im Auftrag der chinesischen Regierung Spionage betreibe oder zumindest Hintertürchen dafür in seine Produkte einbaue. Pikant dabei: Während die USA dafür bisher keinen einzigen Beweis liefern konnten, ist es nachgewiesen, dass die USA selbst in den Routern und Servern des Netzwerkausrüsters Cisco Hintertürchen eingebaut und diese weltweit verbreitet und zur Spionage genutzt haben. Auch der Bundesverband der Deutschen Industrie fordert daher, die USA sollten die Anschuldigungen zunächst einmal beweisen.
Großbritannien hat daher entschieden, Huawei nicht per se vom G 5-Ausbau auszuschließen – das Spionagerisiko hält der britische Geheimdienst MI 5 für kalkulierbar. Die britische Entscheidung hat deshalb so viel Gewicht, weil Großbritannien Mitglied der „Five Eyes“ ist, einem Geheimdienstverbund, dem auch die USA, Kanada, Neuseeland und Australien angehören und der den Briten Zugriff auf sensible Geheimdienstinformationen der USA gewährt. Auch in Deutschland wird es wohl keinen generellen Ausschluss von Huawei geben. Die Bundesregierung wird den Netzanbietern eher empfehlen, auf einen technologischen Mix verschiedener – vor allem auch europäischer – Ausrüster zu setzen, einfach auch, um nicht von einem einzigen Monopolisten abhängig zu werden. Zudem sollen die Sicherheitskriterien für die Netze entsprechend scharf formuliert werden.