Neu ist das Phänomen mittlerweile nicht mehr, erledigt hat es sich aber nicht: Negative Kreditzinsen. Online-Plattformen wie Smava, Check24 oder Finanzcheck liefern sich immer wieder einmal spektakuläre – und medienwirksame – „Zinsschlachten“. Dabei geht es darum, Kunden Kreditangebote zu negativen Zinsen zu machen – der Kunde bekommt einen Kredit und muss dafür bei kurzen Laufzeiten weniger als die ursprüngliche Kreditsumme zurückzahlen. Gestartet mit 1.000-Euro-Krediten werden inzwischen auch 10.000-Euro-Kredite mit mehr oder weniger hohen Negativzinsen bei kurzen Laufzeiten beworben.
Parallel zu den jeweiligen Aktionen der Online-Plattformen berichten Verbraucherzentralen über ansteigende Beschwerdezahlen von Kunden. Denn so lukrativ die Angebote klingen – für den Verbraucher sind sie den Verbraucherzentralen zufolge in aller Regel ein schlechtes Geschäft.
Das beginnt damit, dass den Berichten nach nur wenige Kunden die Negativzinsangebote tatsächlich bekommen. Voraussetzung ist nämlich in der Regel eine ausgezeichnete Bonität. Auch Kunden, die die Anforderungen ihrer Einschätzung nach erfüllen, berichten jedoch davon, dass sie ohne Begründung abgelehnt worden seien, auch wenn die Plattformen bestreiten, dass die Angebote nur auf dem Papier bestehen und tatsächlich gar niemand sie bekommt.
Dafür erhalten Kunden auch nach einer erfolglosen Kreditanfrage massiv Werbung per E-Mail, Telefon oder SMS, bei der ihnen Kredite zu sehr viel schlechteren Konditionen angeboten werden. Verbraucherschützer und Finanzexperten sind sich daher darin einig, dass die Negativ-Zinsangebote vor allem Marketinginstrumente für die Plattformen sind. Die Kredite werden tatsächlich von den bekannten deutschen Geschäftsbanken vergeben die dafür die handelsüblichen Konditionen verlangen, denn die ausländischen SCHUFA-freien Kredite sind sowieso zu teuer. Die Online-Plattformen subventionieren dann diese Kredite aus ihrem Marketingbudget. Für sie geht es darum, an Kundendaten zu kommen. Diese sind wertvoll – so wertvoll, dass die Unternehmen bis zu dreistellige Summen pro Kunde in die Negativzins-Angebote investieren.
Der Kunde zahlt für diesen Betrag mit seinen sensibelsten Daten. Bereits beim Kreditantrag muss er angeben, wie viel er verdient, ob er verheiratet ist, wie viele Kinder im Haushalt leben, ob Immobilienvermögen vorhanden ist, ob Autos vorhanden sind usw. Zum Teil werden auch noch Kontonummern bzw. IBAN und teilweise die Angabe der Passwörter für das Online-Banking verlangt, damit der Anbieter im sogenannten „Kontocheck“ die Richtigkeit der gemachten Angaben überprüfen kann, z.B., ob das angegebene Gehalt tatsächlich fließt. Gerade für Kleinkredite wie die 1.000-Euro-Kredite sollte man sich dringend fragen, ob die 20 oder 50 Euro, die man sparen kann, dies wert sind.
Mittelfristig können solche Kredite für den Verbraucher noch ein anderes Problem aufwerfen. Jeder Kredit, der gewährt wird, wird der Schufa gemeldet und verbleibt dort im Register. Die Schufa unterscheidet dabei nicht grundsätzlich zwischen einem 1.000-Euro-„Spaßkredit“ und einer Baufinanzierung. Hat ein Verbraucher einen oder mehrere 1.000-Euro-Kredite in der Akte, kann das so interpretiert werden, dass er für solche Kleinbeträge nicht einmal einen Dispositionskredit von seiner Bank bekommen konnte – ein Indiz für grundsätzliche finanzielle Schwierigkeiten. Der Schufa-Score würde dadurch sinken und die Lockkredite würden zu einem echten Hindernis, wenn man eine Wohnung mieten oder einen richtigen Kredit aufnehmen will. Ob die Schufa die Kleinkredite in dieser Weise interpretiert, bleibt ihr Geheimnis. Mit seiner Bonität zocken sollte der Verbraucher jedoch nicht.