Hängt der Schulerfolg der Kinder in Deutschland noch zu sehr vom sozialen Status der Eltern oder des Geldbeutels ab? Diese Frage stellt ein Gymnasiallehrer in einem Zeitungsartikel. Er merkt an, dass der Besuch an staatlichen Schulen und Universitäten kostenlos ist und selbst Privatschulen vergäben ein Drittel ihrer Schulplätze über Stipendien kostenlos. Dazu gäbe es für minderbemittelte Eltern auch noch das „Bildungspaket“, mit dem Geld für Bücher, Unterrichtsmaterial und Mittagessen in der Schulmensa abgedeckt sei. Sogar für Klassenfahrten kommt entweder das Jobcenter oder der Sozialfonds der Schule auf.
Doch bereits eine Woche nach der Einschulung von Grundschulkindern zeigt sich, dass Kinder aus bildungsbeflissenen Elternhäusern schon ansatzweise lesen und schreiben, basteln und sich vernünftig ausdrücken können. Dagegen sprechen Kinder aus bildungsfernen Familien oft nur Einwortsätze und habe noch nie eine Schere benutzt. Die Grundlagen für Ungleichheit und Ungerechtigkeiten wurden demnach bereits im Elternhaus gelegt. So könnten selbst ausgefeilte didaktische Konzepte nur wenig ausrichten gegen sechs Jahre elterliche Erziehung.
Die Bedeutung des kulturellen Niveaus der Elternhäuser für die Entwicklung der Kinder bestätige auch die Iglu-Studie 2016 zum Lesevermögen von Grundschülern. Hierin wurde enthüllt, dass Kinder, die in einem Haushalt mit über 100 Büchern aufwachsen, ihren Mitschülern hinsichtlich der Leseleistung ein ganzes Schuljahr voraus sind. Durch regelmäßiges Vorlesen können kleine Kinder ein differenziertes Sprachvermögen ausbilden und damit in der Grundschule schon verblüffend gute Texte schreiben. Ebenso überträgt sich ein gewisses sprachliches Vermögen auf das Kind, wenn die Eltern elaboriert reden und diskutieren. Durch Lob und Zuspruch während eines Spiels, wird auch im schulischen Bereich Neugier und Ehrgeiz entstehen.
Gibt es keine stimulierenden Anreize, seien die Defizite der Kinder aus bildungsfernen Elternhäusern ebenso tiefgründig wie langwierig. So lägen diese Kinder nicht nur in der Grundschulzeit ganz weit hinten, sondern dieser Zustand pflanze sich auch in der weiterführenden Schule fort, da der Abstand zu den leistungsstarken Schülern über die Jahre immer größer werde. So wären Schüler aus bildungsfernen Familien bei gleicher Intelligenz gegenüber ihren Mitschülern aus dem Bildungsbürgertum nicht per se benachteiligt, sondern hauptsächlich wegen ihres oft reduzierten Sprachgebrauchs. Gerade am Gymnasium könnten diese Schüler ihre Intelligenz nicht voll einbringen, weil sie dort hauptsächlich in Form verbaler Ausdrucksformen abgerufen wird.
Daher müssten die Eltern aus bildungsfernen Familien mehr in die Pflicht genommen werden, notfalls mit staatlicher Einflussnahme in das Erziehungsverhalten.