Hat man das Kündigungsschreiben einer Versicherung im Briefkasten, ist der Schock oft groß, denn in der Regel trifft die Kündigung den Versicherten ohne Vorwarnung. Was man in diesem Fall wissen sollte.
Grundsätzlich gilt: existentielle Policen darf der Versicherer nicht kündigen, egal wie viele Schäden anfallen – solange der Versicherte beim Vertragsabschluss keine Falschangaben gemacht hat. Zu diesen Versicherungen gehören Lebensversicherungen, Rentenpolicen, Berufsunfähigkeits- und private Krankenvollversicherungen. Alle anderen privaten Unfall- und Schadenspolicen können dagegen nicht nur vom Versicherten, sondern eben auch vom Versicherer gekündigt werden. Dazu gehören v.a. Hausrat- und Wohngebäudeversicherung, Glasversicherung, Haftpflicht- und Rechtschutzversicherung, Unfall- und Kfz-Haftpflichtversicherung, sowie Teil- und Vollkaskoversicherung.
Kündigen kann der Versicherer ordentlich zum Ende des Versicherungsjahres, oder außerordentlich nach einem Schadensfall; die Frist hierzu ist ein Monat nachdem die Verhandlungen über die Schadensübernahme abgeschlossen sind. Grund ist, dass Versicherungen in erster Linie Unternehmen sind, die Geld verdienen wollen. Dazu prüfen sie regelmäßig, ob Versicherungssparten Ertrag erwirtschaften. Unrentable Verträge werden aussortiert, d.h. den Versicherten gekündigt.
Gekündigt wird Versicherten z.B. dann, wenn mehr als ein großer Schaden in kurzer Zeit auftritt oder viele kleine Schäden gemeldet werden. Wird z.B. eine Hausratversicherung mehrfach mit 50 Euro-Erstattungsanträgen konfrontiert, sind die Verwaltungskosten schnell so hoch, dass die Versicherung am Vertrag nichts mehr verdient. Nicht nur Schadensfälle, auch vertragswidriges Verhalten des Versicherten kann zum Rauswurf führen. Beispiel Kfz-Versicherung: Hier kann dem Versicherten auch gekündigt werden, wenn er z.B. falsche Angaben zum Auto macht, um einen besseren Tarif zu bekommen, wenn Beiträge nicht oder zu spät gezahlt werden, wenn der Versicherte seine Pflichten als Autofahrer verletzt, z.B. das Auto von einem unberechtigten Fahrer fahren lässt oder ohne Führerschein oder unter Alkoholeinfluss unterwegs ist, oder wenn der Versicherte das Auto anders verwendet als im Versicherungsvertrag angegeben (z.B. ein Wohnmobil vermietet statt damit in den Urlaub zu fahren).
Die Kündigung durch den Versicherer ist für den Versicherten vor allem deshalb so unangenehm, weil sie es ihm enorm erschwert, eine neue gute Versicherungspolice abzuschließen. Grund ist, dass ein Versicherter, dem gekündigt wurde, einen Eintrag in das HIS erhält, das „Hinweis- und Informationssystem der Deutschen Versicherungswirtschaft“, einer Datenbank aller deutschen Versicherungen, die Daten über Versicherungsfälle sammelt und allen Mitgliedern zugänglich macht – die „Schufa der Versicherungen“, allerdings in der breiten Bevölkerung viel weniger bekannt als die Schufa. Versicherungen wollen sich mit HIS vor Betrügern schützen; die Datenbank funktioniert aber auch als Warnsystem vor potentiell teuren Kunden. Im Versicherungsvertrag unterzeichnen die Kunden die Zustimmung zur Datenübermittlung. Nicht nur Versicherte und ihre Schadensfälle werden allerdings gespeichert, sondern z.B. auch Unfallgegner und Zeugen, selbst wenn diese selbst keine Versicherung haben, oder an einem Unfall beteiligte Autos. Positiv daran ist: Man kann auf diese Weise herausfinden, ob ein Gebrauchtwagen früher in einen Unfall verwickelt war. – Im HIS landet man nicht nur, wenn man selbst klagt und dafür seine Rechtschutzversicherung in Anspruch nimmt, sondern auch dann, wenn man verklagt wird. Selbst wenn man jeden Prozess gewinnt, kann man so zu einem Kandidaten für eine Kündigung werden.
Wie bei der Schufa auch sind die genauen Kriterien, nach denen jemand im HIS landet und bewertet wird, undurchsichtig und werden strikt geheim gehalten. Um herauszufinden, ob und wie man gelistet ist, kann jeder Versicherte einmal im Jahr eine kostenlose Auskunft über die eigenen Einträge beantragen. Stellt man fest, dass man belastende Einträge hat, kann es helfen, sich mit der meldenden Versicherung in Verbindung zu setzen, um zu klären, ob ein Eintrag ggf. gelöscht werden kann. Grundsätzlich sollte man, bevor man einen Schadensfall meldet, überlegen, ob das wirklich unumgänglich ist oder ob man gerade Bagatellschäden nicht lieber aus der eigenen Tasche zahlt.
Der Eintrag bei HIS kann bewirken, dass andere Versicherungen den Neuvertrag ablehnen oder nur sehr schlechte Konditionen bieten. Wenn die Kündigung nun ausgesprochen ist, kann der Versicherte daher zweierlei tun: Zum Einen sollte er versuchen, mit seiner Versicherung über eine Kündigungsumkehr zu verhandeln, d.h. darüber, dass die Versicherung gestattet, dass die Kündigung statt von ihr vom Versicherten ausgesprochen wird. Eine Neuversicherung fragt nämlich stets, wer den Vorvertrag gekündigt hat, und eine Kündigung durch den Vorversicherer ist oft ein entscheidender Makel. Wer von seinem Versicherungsmakler rechtzeitig über die bevorstehende Kündigung informiert wurde, kann ihr durch die eigene Kündigung zuvor kommen. Zum Zweiten sollte der Versicherte versuchen, den Vertrag zu retten (Vertragssanierung), d.h. anbieten, den Vertrag zu schlechteren Konditionen weiter zu führen. Das kann ein höherer Selbstbehalt sein oder das Herausnehmen bestimmter Leistungen aus dem Gesamtpaket. In jedem Fall ist es ratsam, schnell das konstruktive Gespräch mit dem Versicherer zu suchen.