Die Techniker Krankenkasse (TK) hat in einer Erhebung einen drastischen Zuwachs bei Patientenbeschwerden verzeichnen können. Die Zahl der Verdachtsfälle auf Behandlungsfehler ist im vergangenen Jahr um 26 Prozent auf 4400 Fälle gestiegen. Auch der Medizinische Dienst des Kassen-Spitzenverbands (MDS) hatte im Vorjahr einen Anstieg von Patientenmeldungen erfasst. Bei rund einem Drittel der Beschwerden handelte es sich um mögliche Behandlungsfehler im Bereich der Chirurgie, gefolgt von knapp 14 Prozent bei Zahnärzten, je 9 Prozent bei Allgemeinärzten und Orthopäden, 5 Prozent bei Gynäkologen und 4 Prozent bei Augenärzten. Die Techniker Krankenkasse hatte im vergangenen Jahr 14 Millionen Euro von Ärzten und Kliniken für die Folgekosten nach falschen Behandlungen zurückgefordert.
Doch die Techniker Krankenkasse und auch der Patientenbeauftragte der Bundesregierung, führte den starken Anstieg der Meldungen auf das 2013 eingeführte Patientenrechtegesetz zurück und nicht auf eine Verschlechterung der medizinischen Versorgung in diesem Ausmaß. Zudem hatte die TK verstärkt über Hilfsangebote bei möglichen Fehlbehandlungen informiert.
Die TK fordert eine Ausweitung der Sicherheitskultur im Gesundheitswesen. Auch die Fehlerkultur in Arztpraxen und Krankenhäusern müsse ausgebaut werden, damit man über Fehler reden und die richtigen Konsequenzen hieraus gezogen werden können, um Patienten besser und sicherer zu versorgen.
Nach dem Patientenrechtegesetz haben die gesetzlichen Krankenkassen ihre Mitglieder bei möglichen Beratungsfehlern beispielsweise durch die Finanzierung eines ärztlichen Gutachtens zu unterstützen. So hat die TK in 2016 insgesamt 1492 Gutachten für ihre Patienten beim Medizinischen Dienst der Krankenkassen (MDK) erstellen lassen. Laut der Statistik bestätigt sich nur jeder dritte Verdachtsfall im Verlauf der Überprüfung, jedoch vermutet die TK eine hohe Dunkelziffer zu den gemeldeten Fällen. 61 Verdachtsfälle wurden vor Gericht verhandelt.
Für Patienten ist es oft schwierig zu erkennen, ob eine Erkrankung schicksalhaft verläuft oder ob Ärzte und Pflegekräfte einen Fehler gemacht haben. Bei der Vermutung eines Behandlungsfehlers sollte zuerst der Arzt darauf angesprochen werden. Die TK empfiehlt zeitnah ein Gedächtnisprotokoll des Behandlungsablaufs und der involvierten Ärzte und Pfleger zu erstellen, denn die Erfolgschancen seien umso besser, je genauer der Krankheitsverlauf dokumentiert ist. In den meisten Fällen müsse der Versicherte beweisen, dass Ärzte oder Pfleger schuldhaft gegen die anerkannten Regeln von Wissenschaft und ärztlicher Praxis verstoßen haben. Wenn sich der Verdacht erhärten sollte, kann die Krankenkasse medizinische Gutachten erstellen lassen. Sie sind für den Versicherten in der Regel kostenfrei und können von ihm auch für Schadensersatz-Verhandlungen mit dem Arzt, dem Krankenhaus, der zuständigen Haftpflichtversicherung oder vor Gericht genutzt werden.
Klagt die TK für den Versicherten, übernimmt sie die Vorreiterrolle im gerichtlichen Verfahren. Da die Klärung von Behandlungsfehler-Vorwürfen ein in der Regel zeitaufwändiges, komplexes und oft auch schwieriges Verfahren ist, können mehrere Jahre vergehen, bis über einen möglichen Schadenersatzanspruch entschieden ist. Die TK fordert hier eine schnellere Verfahrensabwicklung, da manche Versicherte nach einem Behandlungsfehler nicht mehr arbeiten können und dadurch in ihrer finanziellen Existenz bedroht seien.