Weitgehend unbemerkt im von Corona dominierten Frühjahr hat das Bundesjustizministerium eine Reform des Wohneigentumsgesetzes (WEG) auf den Weg gebracht. Diese hätte im Juni den Bundestag passieren sollen, wurde aber nach massiver Kritik u.a. von Eigentümerverbänden verschoben. Über zahlreiche Punkte gibt es weiter Streit.
Die Reform will vor allem Ansprüche von Wohnungseigentümern und Mietern auf bestimmte Modernisierungen und Sanierungen regeln. Zu diesen gehören Ansprüche auf barrierefreien Aus- und Umbau von Wohnungen, den Einbau von Ladestationen für Elektrofahrzeuge, Maßnahmen für den Einbruchschutz und Glasfaseranschluss. Auf die drei letztgenannten Umbaumaßnahmen sollen auch Mieter im Grundsatz Anspruch haben. Die Kosten für die einzelnen Maßnahmen soll der jeweilige Eigentümer tragen.
Bereits an dieser Stelle bemängeln Kritiker, der Gesetzesentwurf sei nicht zu Ende gedacht. Beispielsweise sei zwar unstreitig, dass Eigentümer die Kosten für eine Ladestation in der Tiefgarage tragen sollten, ungeregelt sei aber, wer dafür aufkommen müsse, wenn wegen der neuen Ladestationen die vorhandenen Stromnetze überlastet seien und ertüchtigt werden müssten.
Ein weiterer bisher offener Streitpunkt ist die künftige Stellung des Immobilienverwalters. Der Gesetzentwurf will die Stellung des Verwalters stark aufwerten. Der Verwalter solle zukünftig über Maßnahmen, bei denen die Zustimmung der Eigentümergemeinschaft nicht geboten sei, in eigener Verantwortung entscheiden können, um zu verhindern, dass Querulanten unter den Eigentümern Entscheidungen blockieren. Der Begriff „geboten“ wird jedoch nicht präzisiert. Er soll sich „aus der Bedeutung der Maßnahmen für die Gemeinschaft“ ergeben – entsprechende Streitigkeiten vor Gericht sind absehbar.
Außerdem soll die Eigentümergemeinschaft die Vollmachten des Verwalters zwar im Innenverhältnis beschränken können, nach außen aber solle dieser eine unbeschränkte und unbeschränkbare Vertretungsmacht für die Eigentümergemeinschaft bekommen. An dieser Regelung, die zwar die Wirtschaft schützt, aber erhebliche Rechtsunsicherheiten für die Eigentümer mit sich bringen kann, entzündet sich ein großer Teil der Kritik. Aus Koalitionskreisen verlautete zwar bereits, dass man diese starke Stellung des Verwalters „entschärfen“ wolle, vom Tisch ist das Problem aber noch nicht.
Die Kritik an der Aufwertung des Verwalters geht einher mit der Kritik daran, dass die Gesetzesnovelle nach wie vor keinen Sachkundenachweis für gewerbliche Verwalter einführt. Dies wird sogar von Verbänden deutscher Immobilienverwalter gefordert, um der Tatsache entgegenzuwirken, dass die Qualität der am Markt tätigen Immobilienverwaltungen infolge der fehlenden Regulierung sehr uneinheitlich und für die Eigentümer intransparent ist. Hiergegen mauert derzeit das Bundeswirtschaftsministerium (CDU).
Zudem kritisieren Kritiker, dass die Gesetzesnovelle zwar versucht, die Hemmnisse abzubauen, die Eigentümer daran hindern, sich in den Beirat wählen zu lassen. So sollen ehrenamtliche Beiräte künftig nur noch für Verfehlungen haften, wenn ihnen Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit zur Last gelegt werden können. Eine substantielle Aufwertung des Beirats als Kontrollorgan der Verwalter, als Balance für die gestärkte Verwalterstellung, strebt die Gesetzesnovelle aber nicht an.
Künftig soll außerdem generell die Eigentümergemeinschaft als Träger der gesamten Verwaltung gelten, mit allen Rechten und Pflichten. Damit sind künftig z.B. bei Verstößen des Verwalters alle Eigentümer in der Haftung. Anfechtungs- und Nichtigkeitsklagen sollen sich künftig gegen die Gemeinschaft richten – bisher richten sie sich gegen einzelne Wohnungseigentümer. Auch gegen die damit einhergehende Rechtsunsicherheit für Wohnungseigentümer protestieren die Verbände.
Zudem will die Gesetzesnovelle Entscheidungen über Kostenverteilungen einfacher machen. Derzeit werden Entscheidungen über einzelne Kosten mit qualifizierter Mehrheit beschlossen; künftig soll eine einfache Mehrheit genügen. Das führt zu der Befürchtung, dass künftig finanzschwächere Eigentümer gegenüber größeren Investoren noch stärker das Nachsehen haben werden.
Aufgrund der massiven Kritik von Eigentümerverbänden, aber auch aus den Kreisen von Fachjuristen, die das Gesetz, sollte es so beschlossen werden, für extrem streitanfällig halten, ist die Beschlussfassung auf nach der parlamentarischen Sommerpause verschoben worden.
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