Neben ihrer Kernsparte „Google“ verdient die amerikanische Alphabet-Holding ihr Geld mit einer Reihe anderer Tochtergesellschaften auf sehr unterschiedlichen Feldern, etwa Waymo, ein Spezialist für selbstfahrende Autos, oder das Gesundheitsunternehmen Calico. Aber auch mit Sidewalk Labs will Alphabet Geld verdienen. Die sehr futuristische Konzernsparte will mit sogenannten „Smart Cities“ intelligente Städte schaffen, in denen Digitalisierung das Leben prägt und angenehmer machen soll. Die erst vor zwei Jahren gegründete Gesellschaft hat nun ihr bislang ehrgeizigstes Projekt angekündigt: im kanadischen Toronto will das Unternehmen einen ganz neuen Stadtbezirk schaffen. Auf einem 50.000 Quadratmeter großen Areal am Hafen von Toronto wird Sidewalk Labs hierfür Platz zur Verfügung haben, was aber womöglich nur die erste Phase eines viel größeren Projekts werden könnte. Schließlich befindet sich nebenan ein mehr als drei Quadratkilometer großes Grundstück, das ebenfalls neu genutzt werden soll. Für die Entwicklung des neuen Viertels mit dem Namen „Quayside“ hat Sidewalk Labs zunächst 50 Millionen Dollar zugesagt, jedoch werden die Kosten für das gesamte Projekt am Ende auf einen Milliardenbetrag geschätzt.
Der kanadische Premierminister Trudeau erklärte, in Quayside sollen künftig „Zehntausende“ von Menschen leben und arbeiten. In einem mehr als 200 Seiten langen Dokument hat Sidewalk Labs bereits beschrieben, wie dieses neue Viertel aussehen soll. So soll Quayside von „digitaler Infrastruktur“ und „allgegenwärtiger Vernetzung“ geprägt sein. Dabei soll autonomes Fahren eine große Rolle spielen. Daher sollen „Taxibots“, also selbstfahrende Autos, unterwegs sein, außerdem sollen zusätzliche Optionen für öffentliche Verkehrsmittel geschaffen werden. Dagegen soll der Betrieb von Privatautos eher beschränkt werden. Weniger als 20 Prozent der künftigen Bewohner von Quayside sollen ein eigenes Auto haben. Dafür sollen Sidewalk Labs und ihre Schwestergesellschaft Waymo zusammenarbeiten und zum Beispiel selbstfahrende Großraumfahrzeuge mit bis zu zwölf Sitzen testen. Daneben sollen auch existierende Fahrdienste wie Lyft in Quayside fahren dürfen.
Doch nicht nur auf den Straßen sollen Roboter unterwegs sein, sondern auch unter der Erde. So könnte ein unterirdisches System von Müllrobotern den Abfall außer Sichtweite transportieren. Auf diesen Wegen könnten auch von unterirdisch operierenden Robotern Pakete an die Bewohner von Quayside ausgeliefert werden. Möglicherweise könnten hierzu auch Drohnen eingesetzt werden. Damit könnten die Straßen selbst stärker von Fußgängern und Radfahrern genutzt werden können.
Unklar ist jedoch, welches Geschäftsmodell Sidewalk Labs mit einem auf dem Reißbrett entworfenen Stadtbezirk verfolgt, schließlich verdient der Mutterkonzern Alphabet sein Geld vor allem mit dem Verkauf von Werbung, die sich aus der Auswertung von Daten ergibt. Ein digital aufgerüstetes Viertel wird Sidewalk Labs eine Fülle von Daten liefern, was die Frage aufwirft, was mit diesen Daten geschieht und inwiefern sie kommerziell verwertet werden könnten.