Schon lange wird über Gesetzesänderungen zur Verbesserung der Strafverfahren diskutiert. So ist zwar seit 2005 in § 81h Strafprozessordnung (StPO) gesetzlich geregelt, dass Massen-Gentests bei Verbrechen gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, persönliche Freiheit oder sexuelle Selbstbestimmung zulässig sind, doch wurde schon im Koalitionsvertrag der Regierungsparteien beschlossen, künftig mit Massen-Gentests auch nach möglichen verwandten Testteilnehmern suchen zu wollen, sogenannten "Beinahetreffern". Deren DNA weist eine so hohe Ähnlichkeit mit der des eigentlichen Testteilnehmers auf, dass sie Rückschlüsse auf ein Verwandtschaftsverhältnis zulässt.
Über eine Speichelprobe kann die Täter-DNA mit den am Tatort hinterlassenen Blut- oder Spermaresten, Hautschuppen, Knochen, Haare, Speichel, Schweiß oder Muskelgewebe mit den seit 1998 vom Bundeskriminalamt gespeicherten Daten von Beschuldigten, Verurteilten und am Tatort aufgefundenem Spurenmaterial aus der DNA-Datei verglichen werden. Sie umfasste im März 2013 schon 782.000 Datensätze, die monatlich um etwa 8.000 - 9.000 neue Datensätze erweitert wird. Mithilfe der DNA-Datei liegt die Tataufklärungsquote bei 34 %. Somit konnte bei rund einem Drittel der Fälle bei der Neuerfassung von Datensätzen ein Spurendatensatz einem Personendatensatz zugeordnet werden. Seit 1998 hat die DNA-Datei dazu beigetragen 1.358 Tötungsdelikte, 2.366 Sexualstraftaten, 8.201 Fälle von Raub oder Erpressung und 94.194 Diebstähle aufzuklären.
Nun wurde von der Bundesregierung ein Gesetzentwurf zur Effektivierung des Strafverfahrens beschlossen, das unter anderem auch Massen-Gentests mit Beinahetreffern erlaubt. Generell sollen Strafverfahren künftig schneller und einfacher durchgeführt und Beschuldigtenrechte gestärkt werden. Durch Änderungen im Befangenheitsrecht, einer Erscheinenspflicht für Zeugen bei der Polizei und die Möglichkeit einer Fristsetzung im Beweisantragsrecht sowie einer grundsätzlichen Pflicht zur Aufzeichnung von Beschuldigtenvernehmungen bei vorsätzlichen Tötungsdelikten und in Fällen besonderer Schutzbedürftigkeit des Beschuldigten sollen die Verfahren vereinfacht und beschleunigt werden. Auch eine Pflichtverteidigerbestellung bei richterlichen Vernehmungen im Ermittlungsverfahren soll umfangreiche Strafverfahren transparenter machen.
Die Fahndungsmethode des Massen-Gentests ist jedoch auch schon seit langem stark umstritten, denn entgegen der rechtsstaatlich gebotenen Unschuldsvermutung würden Bürger gezwungen, ihre Unschuld zu beweisen. Zu viele Menschen würden zu Unrecht als Täter in Erwägung gezogen. Auch der Bundesgerichtshof (BGH) entschied im Dezember 2012, dass "familial searching" in DNA-Tests unzulässig ist. Nur die vollständige Übereinstimmung mit einer Tatortspur darf Anlass für weitere Ermittlungen sein, ansonsten dürfen freiwillige DNA-Proben nur zum Ausschluss der jeweiligen Spender ausgewertet werden (3 StR 117/12). Der zugrundeliegende Fall betraf eine schwere Vergewaltigung im Jahr 2010 in Niedersachsen. Ein Beinahetreffer hatte die Polizei damals zum Täter geführt, der als Minderjähriger jedoch nicht zum Massentest geladen wurde. Doch bei zwei der insgesamt 2400 Getesteten aus der Region konnte die Polizei eine Teilüberstimmung mit der DNA vom Tatort finden - die des Vaters und des Onkels des Täters. Die Ermittlungsbehörden hatten danach einen Beschluss zur DNA-Probe des jugendlichen Täters erwirkt, die den Verdacht dann bestätigte.