In Rheinland-Pfalz werden nach einer Recherche einige Landtagsabgeordnete neben ihren Diäten rechtlich fragwürdige Zulagen in Höhe von 284.000 Euro ausgezahlt. Insgesamt würden die Fraktionen für bestimmte Funktionen von Abgeordneten rund 437.000 Euro zahlen.
So würden Funktionen wie "stellvertretende Fraktionsvorsitzende" oder "Arbeitskreisleiter" mit Zulagen vergütet, die das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) explizit im sogenannten "Zweiten Diätenurteil" (21. Juli 2000) von der Zulässigkeit ausgenommen hatte. Nur die Funktionszulage für Fraktionsvorsitzende erkannte das BVerfG für rechtmäßig, denn „ergänzende Entschädigungen für die stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden (...) und für die Ausschussvorsitzenden sind (...) sind mit dem Verfassungsrecht unvereinbar.
Auch der Landesrechnungshof hatte bereits 2015 die Fraktionen auf die "verfassungsrechtlichen Risiken" hingewiesen und eine gesetzliche Regelung angemahnt. Die Landtagsfraktionen argumentieren dagegen, das Karlsruher Urteil hätte sich nur auf Thüringen bezogen habe und zudem nur auf direkte Zulagen vom Landtag und nicht aus der Fraktionskasse bezogen sei. Zudem müsse mehr Arbeit auch besser bezahlt werden. Dagegen meint der Verfassungsrechtler Hans Herbert von Arnim, Professor an der Deutschen Universität für Verwaltungswissenschaften in Speyer, dass zwar das Urteil für Thüringen ergangen sei, doch das BVerfG seither mehrfach betont hatte, dass mit dem Urteil "allgemeine Maßstäbe" aufgestellt wurden, die für alle Parlamente auf allen Ebenen gelten.
Arnim hält die Zahlung der betroffenen Zulagen daher für verfassungswidrig. Da die Abgeordneten für ihre gesamte Tätigkeit voll bezahlt werden, könne das Argument, dass mehr Arbeit auch besser vergütet werden müsse, ebenfalls nicht gelten. Mit der Diät seien auch die Funktionen, die sie wahrnehmen, abgedeckt und sogar die indirekte Zahlung durch die Fraktionen gefährde die Unabhängigkeit der Abgeordneten.
Die SPD-Fraktion in Rheinland-Pfalz zahlt im aktuellen Rechnungsjahr mit 161.101 Euro die meisten Zulagen. Davon seien 126.323 Euro, die sie an die stellvertretende Fraktionsvorsitzende, Arbeitskreisvorsitzende und Arbeitsgruppenvorsitzende zahlt, nach den Grundsätzen des BVerfG-Urteils rechtlich fraglich. Die CDU zahlte mit insgesamt 155.022 Euro an Zulagen nur etwas weniger als die SPD, davon gingen 120.148 Euro an Funktionsträger, die das Bundesverfassungsgericht ausgenommen hatte. Auch die FDP zahlte Zulagen in Höhe von insgesamt 69.602 Euro, wovon 34.778 Euro rechtlich fragwürdige Zulagen an die beiden stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden seien. Wesentlich geringer fielen die Zulagenzahlungen der Grünen dagegen aus. Von insgesamt 16.710 Euro sollen nur 2.760 Euro an die stellvertretende Fraktionsvorsitzende rechtlich fragwürdig sein. Die AfD zahlte im Jahr 34.872 Euro Zulagen an ihre Abgeordnete, allerdings vollständig im Einklang mit dem BVerfG-Urteil. Dabei liegt Rheinland-Pfalz bei der Höhe der Zulagen im Mittelfeld der Bundesrepublik. Auf den vordersten Plätzen liegen Nordrhein-Westfalen mit jährlich 1,2 Millionen Euro Zulagen, Bayern mit 974.000 Euro und Niedersachsen mit 802.000 Euro.