England hatte im Juli 2016 ganze 41 Millionen £ für 8.000 Grundschulen in Großbritannien zur Verfügung gestellt. Doch damit sollten nicht etwa zusätzliche Lehrer eingestellt werden, sondern den Schulen ermöglicht werden, Mathematik-Lehrmethoden zu übernehmen, die in Shanghai oder Singapur üblich sind. Auslöser hierfür waren die Pisa-Ergebnisse von 2012, in denen die Mathematik-Fähigkeiten von 15-jährigen Schülern verschiedener Länder und Regionen miteinander verglichen wurden. Die hier ermittelten Leistungspunkte wurden zu einer Rangliste geordnet, Deren sieben Spitzenreiter Shanghai, Singapur, Hongkong, Taiwan, Südkorea, Macau und Japan waren. Erreichen die eigenen Landsleute in einer Rangliste nicht die vorderen Plätze, erscheint die zuständige Struktur reformbedürftig.
Doch erst kürzlich erklärten zwei Statistiker aus Boston im Wissenschaftsmagazin “Science“, dass man mit den Resultaten internationaler Bildungsvergleiche so besser nicht umgehen sollte. Die Wissenschaftler bezweifeln, das schulpolitische Maßnahmen als solche, egal mit welcher finanziellen Ausstattung, deutsche, italienische oder britische Schüler im Pisa-Ranking zu ihren asiatischen Altersgenossen aufschließen lassen.
Schließlich seien die verglichenen Stichproben keineswegs immer repräsentativ für die Altersgruppe der getesteten Region. Beispielsweise wären in China bis vor kurzem die Kinder von neu aus dem ländlichen Gebiet hinzugezogenen Familien nicht in den großstädtischen Schulen zugelassen gewesen. So haben 27 % der 15-jährigen Shanghaier bei dem Pisa Test gefehlt, genau die Gruppe, die den Schnitt vermutlich eher gesenkt hätten.
Zudem könnten Länder, mit zentralisierten Bildungssystemen, wie beispielsweise von Stadtstaaten wie Singapur, nicht sinnvoll mit in dieser Hinsicht dezentral organisierten Bildungssystemen, wie beispielsweise Deutschland, verglichen werden. In den zentral organisierten Bildungssystemen sind die Schwankungen auf den unteren Ebenen einfach zu groß. Beispiel hierfür ist die 2015 erfolgte Pisa-Studie vom Bundesstaat Massachusetts, die Lesefähigkeit testete. Hier konnte kein Unterschied im Leistungsniveau der jungen Ostküsten-Amerikaner mit den asiatischen Altersgenossen festgestellt werden. Doch nicht nur, weil die Pisa-Ergebnisse aus Bayern und Bremen miteinander vermischt wurden, sondern auch weil die Streuung um den bundesweiten Mittelwert zu breit war, dass das sogenannte 95-Prozent-Konfidenzintervall deutlich mit dem von Kanada (Rang 10) und Südkorea (Rang 7) überlappte, sind diese Zahlen nicht miteinander vergleichbar. Statistisch gesehen waren die Mathe-Kenntnisse in diesen drei Staaten somit nicht wirklich verschieden. Zudem sei aus den Leistungsunterschieden, die es tatsächlich gibt, dennoch nicht abzuleiten, worin die Unterschiede begründet sind.