Spätestens ab 2022 müssen nach dem "Gesetz zur Förderung des elektronischen Rechtsverkehrs mit den Gerichten" vom 10. Oktober 2013 alle Rechtsanwälte, Behörden und weitere professionelle Verfahrensbeteiligte den elektronischen Rechtsverkehr zu nutzen und sämtliche Anträge, Erklärungen, Schriftsätze und Erwiderungen für die Zivil-, Familien- und Fachgerichte bundesweit auf elektronischem Wege zu erledigen.
Die Gerichte sind bereits ab 1. Januar 2018 verpflichtet, mit der E-Akte zu arbeiten. Die Bundesländer können den Termin maximal um zwei Jahre verschieben.
Gewichtigster Vorteil der E-Akte ist die ständige Verfügbarkeit für alle Prozessebeteiligten, die auch gleichzeitig und von jedem Ort mit WLAN-Anschluss an der Akte arbeiten können. Früher konnte nur derjenige die Papier-Akte einsehen, bei dem sie sich gerade befand. „Die Dokumente lassen sich künftig deutlich leichter durchsuchen und strukturieren, zitierte Gerichtsentscheidungen etwa können komfortabel mit einem Klick in juristischen Datenbanken abgerufen werden. Zur besseren Vereinbarkeit von Beruf und Familie ermöglicht die jederzeitige Verfügbarkeit der elektronischen Akte zudem mobiles Arbeiten und abteilungsübergreifende Vertretungen,“ so der baden-württembergische Justizminister Guido Wolf. Die E-Akte soll somit auch die Verfahrensdauer verkürzen.
Um die Einführung der E-Akte rechtlich, technisch und organisatorisch zu begleiten und ein Diskussionsforum anzubieten, wurde an der Universität des Saarlandes ein "Institut für Verfahrensrecht im elektronischen Rechtsverkehr" (eJustice-Institut) gegründet. Die elektronische Akte wird die Arbeit der Justiz tiefgreifend verändern, wirft jedoch noch zahlreiche ungeklärte Fragen auf, denn "der digitale Zivilprozess ist ein anderer als der Heutige. Alle Beteiligten müssen umdenken und stehen dabei vor neuen Problemstellungen. Es ist wichtig, die Einführung des elektronischen Rechtsverkehrs an den Gerichten wissenschaftlich zu begleiten. Auch die Ausbildung künftiger Juristengenerationen muss sich den neuen Entwicklungen anpassen", erklärt der Direktor des eJustice-Instituts Stephan Weth.
Baden-Württemberg konnte bereits als erstes Bundesland die vollelektronische Akte verbindlich in gerichtlichen Streitverfahren einführen. Die Aktenführung in allen neu eingehenden Verfahren erfolgt beim Landgericht Mannheim und beim Arbeitsgericht Stuttgart in jeweils vier Kammern damit papierlos.
Auch die bayerische Justiz ist schon auf einem sehr guten Weg zur E-Akte. Dort wird seit 1. Dezember 2014 im Landgericht Landshut der elektronische Rechtsverkehr praktiziert und seit März 2015 läuft dort auch die Pilotierung der elektronischen Akte. „Langfristig ist unser Ziel das papierlose Gericht“, so das bayerische Justizministerium. Denn nur wenn die elektronischen Eingänge auch innerhalb des Gerichts elektronisch bearbeitet und die gerichtlichen Entscheidungen wiederum elektronisch versandt werden können, wird das Potenzial der Digitalisierung vollständig genutzt aufwendige Medienbrüche vermieden.
Ab 2017 sollen zunächst die Landgerichte Coburg und Regensburg und bestimmte Senate des Oberlandesgerichts München (sie sind in Berufungsfragen des Landgerichts Landshut zuständig) mit der E-Akte ausgestattet werden und ab 2018 werden sukzessive alle Gerichte und Staatsanwaltschaften in Bayern folgen. Hierfür müssen jedoch auch insgesamt 1000 Sitzungssäle mit der dafür nötigen elektronischen Infrastruktur ausgestattet werden. Für höchste Sicherheit sorgen ein leistungsfähiges Datennetz, verschlüsselte Datenübermittlung und redundante Datenleitungen. Alle Daten werden außer im Rechenzentrum auch in lokalen Netzwerken, also direkt bei den Gerichten gespeichert. Die lokalen Netzwerke synchronisieren sich automatisch mit dem Rechenzentrum und eine Firewall schottet die Justiz vom bayerischen Behördennetz ab.