Die Monopolkommission der Bundesregierung hat Anfang März das 75. Sondergutachten der Kommission zu Stand und Perspektiven im deutschen Krankenversicherungssystem vorgestellt. Um das deutsche Gesundheitssystem auch in einer alternden Bevölkerung finanzierbar halten zu können, brauche es mehr Wettbewerb um Qualität und Preise bei den gesetzlichen und privaten Krankenkassen. Einzigartig ist das deutsche Gesundheitssystem durch die Verpflichtung aller Arbeitnehmer mit einem Verdienst unter 57.600 Euro im Jahr. Dabei sind Beamte, Selbstständige und Arbeitnehmer mit einem Einkommen oberhalb der Versicherungspflichtgrenze von der Pflicht ausgenommen. Sie können sich privat versichern, wovon aktuell rund neun Millionen Menschen Gebrauch machen. Doch auch 24 der 70 Millionen gesetzlich Versicherten versichern bestimmte Leistungsbereiche wie Zahnersatz oder Einbettzimmer und Chefarztbehandlung im Krankenhaus mit einer Zusatzversicherung.
Wo die SPD, Grüne und Linke derzeit eine Bürgerversicherung fordern, soll es nach dem Gutachten der Monopolkommission keine Zusammenführung privater und gesetzlicher Krankenversicherungen geben. Stattdessen soll mehr Wettbewerb auf beiden Seiten entstehen. So sollen beide Krankenversicherungen die Chancen der Digitalisierung stärker wahrnehmen, beispielsweise eine bessere Prävention gegen Krankheiten durch individuelle, App-basierte Dienste oder besser abgestimmte Behandlungsabläufe durch die Vernetzung von Ärzten, Patienten und Versicherungen. Gesetzliche Krankenkassen sollten auch die Möglichkeit erhalten, ihren Versicherten „Wahltarife“ anzubieten. So könnte der bisherige gesetzliche Leistungskatalog Teil eines Standardtarifs werden, den alle gesetzlichen Kassen anbieten müssen.
Daneben könnten günstigere Wahltarife angeboten werden. Durch eine stärkere Steuerung der medizinischen Versorgung im Wahltarif soll dies finanzierbar werden. So ist ein Hausarzttarif denkbar, bei dem der Versicherte bei einer Erkrankung immer zuerst den Hausarzt aufsuchen muss. Dabei könnte die Zahl der Leistungsanbieter, zu denen der Versicherte gehen kann, begrenzt werden. So könnte eine Auswahl der Anbieter nach Kosten und Qualitätskriterien erfolgen. Für den Besuch bei Ärzten, die nicht in ihrem Wahltarif enthalten sind, könnte dann eine zusätzliche Gebühr vom Versicherten gezahlt werden müssen. Den Krankenkassen sollte es erlaubt werden, für die Wahltarife eigene Verträge mit den Leistungsanbietern ihrer Wahl schließen zu dürfen. Auch regional begrenzte Tarife sollten gestattet werden.
Derzeit können die Krankenkassen gemeinsam und einheitlich Verträge mit allen Ärzten und Krankenhäusern auf Landesebene abschließen. Aufgrund dieses kollektiven Systems arbeite das deutsche Gesundheitssystem wenig effizient, kritisieren die Experten. Mit gezielt ausgewählten Angeboten von Ärzten und Kliniken in Wahltarifen könnten diese Effizienzprobleme vermieden werden und der Tarifwettbewerb verhindere eine Einschränkung oder Verschlechterung der Versorgung. Der Versicherte könne sich schließlich mit dem Standardtarif absichern.