Dutzende chinesische und deutsche Fernsehteams verfolgten Ende Oktober im niederbayerischen Kurort Bad Birnbach bei Passau ein klobiges Gefährt im Schritttempo. Dort startete die Bahn mit "Ioki", einem automatischen, fahrerlosen Bus auf Deutschlands Straßen in "ein neues digitales Verkehrszeitalter", freut sich die Deutsche Bahn AG. Der Bus, der nun zwischen Kurgelände und dem rund einen Kilometer entfernten Ortskern fährt, sieht nicht gerade windschnittig aus. In ihm haben bis zu acht Passagiere Platz. Er ist keine fünf Meter lang und seine Reifen sind nicht viel größer als die eines Kinderrads.
Dennoch gilt der Prototyp für das Verkehrssystem als zukunftsweisend, denn die Bahn will den öffentlichen Personenverkehr Stück für Stück revolutionieren. Möglicherweise hat dieses Projekt massive Auswirkungen darauf, wie sich die Deutschen in Großstädten und auf dem Land in Zukunft fortbewegen werden. So gilt der Test als Vorläufer eines Großprojekts der Bahn: dem individuellen öffentlichen Nahverkehr. Künftig sollen Kunden nicht mehr nur nach Fahrplan reisen, sondern per App Sammeltaxis und Elektrogefährte bestellen können, die sie zum Bahnhof oder an einen beliebigen Ort bringen. Die Preise hierfür dürften unter Taxi-Kosten liegen.
Schon im nächsten Jahr soll dazu ein Praxistest in Hamburg beginnen. In Kooperation mit den dortigen Verkehrsbetrieben will die Bahn dort 100 Fahrzeuge zunächst mit Fahrern auf die Straßen schicken. Mit einer App können sich die Hamburger dann eine Mitfahrgelegenheit direkt vor die Tür bestellen oder in ein Sammeltaxi einsteigen. Dabei sei das Ziel jedoch immer mehr autonome Fahrzeuge in einer "Mischflotte" aus unterschiedlichen Antrieben und Fahrzeuggrößen einzusetzen.
Doch die digitale Zukunft beim Thema Roboterautos bewegt sich buchstäblich noch im Schritttempo. So darf auch "Ioki" darf gerade mal 15 Stundenkilometer schnell fahren. Sogar dafür brauchte es diverse Sondergenehmigungen, da eigentlich für fahrerlose Fahrzeuge auf deutschen Straßen bei zehn Stundenkilometern Schluss ist. Außerdem gibt es derzeit noch keine standardisierte Zulassung für autonome Fahrzeuge. Entsprechende Rahmenbedingungen müsste die neue Bundesregierung in den nächsten Jahren schaffen.
Noch ist der Test in Niederbayern ein Zuschussgeschäft für die Bahn. Die Fahrt ist kostenlos und ein "Operator" ist an Bord, um den Fahrgästen Berührungsängste zu nehmen und bei Problemen zu helfen. Das elektrisch angetriebene Fahrzeug findet zwar seinen weg mit Hilfe von "speziellen Systemen aus Kameras, Abstandsmessern, Sensoren und einem GPS-Modul", doch noch fährt der Bus ruckartig und bremst ruckartig vor Hindernissen. Dennoch ist zu erwarten, dass sich langfristig die automatische Technik durchsetzen wird.