Der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga) wünscht sich mehr Flexibilität im Arbeitszeitgesetz, denn schon eine länger als geplant andauernde Hochzeitsfeier, eine verspätete Reisegruppe, die noch ein Abendessen erwartet oder ein Frühlingsabend im Biergarten bei besonders milden Temperaturen zeigen die Probleme in der Gastronomie deutlich. Der Verband findet, die gesetzlichen Regelungen „gehen an der Lebenswirklichkeit vorbei“. Seine Kampagne „Höchste Zeit für Wochenarbeitszeit“ soll auf das Problem hinweisen.
Das Arbeitsgesetz ist seit 1994 in Kraft. Darin ist festgeschrieben, dass die tägliche Arbeitszeit acht, maximal zehn Stunden grundsätzlich nicht überschreiten darf. Mit der Einführung des Mindestlohns vor mehr als zwei Jahren müssen Arbeitgeber im Gaststätten- und Hotelgewerbe außerdem Beginn, Ende und Dauer der täglichen Arbeitszeit ihrer Angestellten dokumentieren. Folge der neuen Pflichten waren nach Umfrage der Dehoga in der Branche, dass 54 Prozent der befragten Hoteliers und Gastronomen ihre Öffnungszeiten seit 2015 reduziert haben. Außerdem habe gut die Hälfte der Betriebe ihr Leistungsangebot, etwa Küchenzeiten oder Speiseauswahl, eingeschränkt. Die Dehoga sieht hierin den Schaden des starren Arbeitszeitkorsetts.
Der Verband fordert nicht mehr Arbeitszeit, sondern eher eine bessere Verteilung der Arbeitszeit, da die Branche stark von saisonalen Nachfrageschwankungen betroffen sei. Wenn beispielsweise eine Hochzeitsfeier länger als zehn Stunden dauere, könne die Schicht nicht einfach ausgetauscht werden. Daneben hätten auch die Arbeitnehmer kein Interesse daran, länger und dafür an weniger Tagen zu arbeiten. Das Bundesarbeitsministerium argumentiert dagegen, die Regelungen im Arbeitszeitgesetz diene der Sicherheit und der Gesundheit von Arbeitnehmern. Das Risiko eines Arbeitsunfalls nehme nach sieben bis neun Stunden Arbeit exponentiell zu. Zudem hätten arbeitswissenschaftliche Studien ergeben, dass das Risiko für gesundheitliche Beeinträchtigung der Arbeitnehmer mit steigender Arbeitszeit zunehme. Eine tägliche Höchstarbeitszeit liege damit auch im Interesse des Arbeitgebers.
Gegen eine Flexibilisierung der Arbeitszeit ist auch die Gewerkschaft Nahrung Genuss Gaststätten (NGG). Nach deren Ansicht sind strukturelle Probleme wie der Umgang mit umsatzschwachen Zeiten zu lösen, nicht die Aufweichung des Gesetzes. Oft hatten die Beschäftigten in umsatzschwachen Zeiten unbezahlt gearbeitet und damit das Unternehmen subventioniert. Diese Situation habe sich mit der Einführung der Dokumentationspflichten verbessert und auch Flexibilität lasse das Arbeitszeitgesetz unter strengen Voraussetzungen zu. So ist eine tarifvertragliche Verlängerung der täglichen Arbeitszeit branchenübergreifend nur dann zulässig, wenn regelmäßig Bereitschaftsdienste anfallen. Zudem sind in bestimmten Bereichen auch tarifvertragliche Abweichungen zulässig, beispielsweise in der Pflege und Betreuung. Zwar können Saisonbetriebe eine Genehmigung beantragen, um die tägliche Arbeitszeit in bestimmten Zeiten zu verlängern. In der Praxis sei das jedoch so gut wie unmöglich, da man selbst bei bester Personaleinsatzplanung man im Arbeitsalltag an seine Grenzen stoße, so die Dehoga.