Mittlerweile drohen selbst Kleinsparern Negativzinsen auf ihre Bankguthaben. Sie müssten der Bank nun sogar Geld zahlen, um bei ihr Geld lagern zu dürfen. Bisher erhielten Sparer als Gläubiger von den Banken als Schuldner Zinsen, doch derzeit läuft es vielfach umgekehrt. Schuld ist die Europäische Zentralbank, die einen Negativzins von 0,4 Prozent von Geschäftsbanken verlangt, wenn diese bei ihr Finanzüberschüsse, also Gelder, für die gerade keine Nachfrage besteht, einlagern. Der Negativzins ist die technisch-logische Folge des billigen Null- und Niedrigzinses für Schulden bei der EZB. Mit dem billigen Geld werden Europas Krisenbanken und Krisenländer über Wasser gehalten. Würde es keinen Negativzins geben, könnten Geschäftsbanken das von der EZB erhaltene Geld gleich wieder bei ihr einzahlen und darauf Zinsen erhalten, was ökonomisch sinnlos wäre.
Da es aber mittlerweile für die Geschäftsbanken und deren Finanzverbünde auf Dauer zu teuer wird, alle ihre Kunden von den Negativzinsen abzuschirmen, wird nun die Einlagengebühr auf die Kunden abgewälzt. Ob diese Umwälzung des Negativzinses auf alle Kunden überhaupt legal ist, wurde noch nicht höchstrichterlich geklärt, teilt die Verbraucherzentrale Sachsen mit. Schließlich zahle der Kunde nun gleich doppelt: die normale Kontoführungsgebühr sowie das Verwahrentgelt. Außerdem sei zu bedenken, dass die Bank mit dem Guthaben des Kunden ein Darlehen erhält, ihm jedoch hierfür Zinsen berechnen will, doch eigentlich hat der Darlehensnehmer Zinsen zu zahlen, nicht der Darlehensgeber.
Zuletzt hat die Volksbank Reutlingen auf ihrer Preisliste eine Gebühr von 0,5 Prozent jährlich für die Verwahrung von Kontoeinlagen verlangt. Dagegen liefen Medien und Verbraucherverbände Sturm. Ausgerechnet eine kundeneigene Genossenschaftsbank wollte den Negativzins für den Normalsparer hoffähig machen. Das Versprechen der Reutlinger Bank, den Negativzins von den Sparern gar nicht zu erheben und die Gebühr nur als Absicherung für die Zukunft im Preisverzeichnis zu führen, verschlimmerte die Situation nur noch und führte gar noch zu einer Abmahnung durch die Verbraucherzentrale Baden-Württemberg, denn schließlich müssten Preislisten verlässlich sein und der tatsächlichen Gebührenpraxis entsprechen. Zwischenzeitlich wurde die Preisliste zwar angepasst, aber die Bank will sich nicht per Unterlassungserklärung für die Zukunft binden. Schließlich sei das künftige Zinsniveau ungewiss.
Bei Firmenkunden und institutionelle Kontoinhabern mit meist hohen Einlagen sind Negativzinsen und Verwahrentgelte dagegen längst üblich. Bei Privatkunden wird der der Negativzins oft erst bei höheren Guthaben ab 250.000 oder 500.000 Euro verlangt.