Der nun zweifache Weltrekordhalter Robert Marchand hat mit 105 Jahren eine einstündige Rekordfahrt über 22,547 Kilometer auf der Radrennbahn in Saint-Quentin-en-Yvelines absolviert. Damit bewies er, dass der Mensch auch im Greisenalter noch dazu fähig ist, mit gezieltem Training Spitzenleistungen zu vollbringen und manche Funktionen seines Körpers sogar zu verbessern.
Bisher hatten Sportmediziner angenommen, dass mit jeder Dekade, die das Leben nach dem dreißigsten Geburtstag voranschreitet, die maximale Sauerstoffaufnahme um zehn Prozent abnehme und dies im Rentenalter sogar noch steiler bergab ginge. Dieser sogenannte VO2max-Wert ist der wichtigste Parameter bei Langstreckenläufern oder Triathleten. Er misst die Geschwindigkeit, mit der es das Herz schafft, den aufgenommenen Sauerstoff aus der Lunge zu den Muskeln zu pumpen. Die Effizienz, mit der die Muskeln wiederum das Gas in Kraft umsetzen, ist ausschlaggebend dafür, wie erfolgreich jemand beispielsweise ein Marathonrennen laufen kann.
Marchand schaffte es als erster Proband der Sportwissenschaftlerin Véronique Billat von der französischen Universität Evry-Val-d’Essonne mit einer genau auf ihn abgestimmten Mischung aus harten und leichteren Trainingseinheiten diesen Verfall nicht nur aufhalten, sondern sogar seine maximale Sauerstoffkapazität nach zwei Jahren Training um dreizehn Prozent zu erhöhen. Somit könnten die Effekte des Alters nicht nur aufgehalten werden, sondern selbst mit einhundert Jahren wäre eine Steigerung der Leistungsfähigkeit noch möglich, so die Sportwissenschaftlerin.
Auch die Sportmediziner der Deutschen Sporthochschule Köln, die acht Master-Triathleten im Alter von Ende siebzig betreut, kann bestätigen, dass es hochtrainierten Sportlern möglich sei, den klassischen Abbauprozessen im Herz-Kreislauf-System entgegenzusteuern. Anders als bei ihren Altersgenossen schlüge ihr Herz fast genauso kräftig wie früher und bei maximaler Belastung fast genauso schnell. Ebenso versteiften deren Gefäße nicht in dem Ausmaß, das die Mediziner sonst von ihren alternden Patienten gewohnt seien. Bei den Sportlern sei diese Entwicklung gebremst, zudem funktioniere ihr Sauerstoffaustausch in der Lunge nicht schlechter als in einem jüngeren Körper.
Sogar wer erst mit 85 bis 95 Jahren mit dem Sport beginnt, könne laut einer Studie innerhalb von zwölf Wochen seine Muskelkraft verdoppeln. Weiterhin verdreifache sich die Chance, gesund zu altern, also keine schweren chronischen Krankheiten, Gedächtniseinschränkungen, Behinderungen oder psychische Gesundheitsprobleme zu entwickeln, wenn man als Rentner beginnt, sich sportlich zu betätigen, so britische Forscher. Würden dazu ehrgeizige Trainingsziele angestrengt, stiegen die Chancen fast auf das Vierfache. Werde der Sport allerdings eingestellt, kehre der Körper schneller auf das Ausgangsniveau zurück als bei jüngeren Menschen, schränkt die Sporthochschule ein.