Nach TV-Berichten über die Universität Ulm soll Methadon, das als Drogenersatz bekannt ist, den Abhängige für den Weg aus der Sucht bekommen, in der Krebstherapie als ein Hilfsmittel sehr gut wirken. Dort wurde Methadon in Zellkulturen und Tierversuchen getestet und als möglichen Wirkverstärker für Chemotherapien betrachtet. In den letzten Monaten jedoch haben Experten mehrerer Fachrichtungen auf die sehr dünne Studienlage hingewiesen und vor verfrühten Hoffnungen und Nebenwirkungen gewarnt. Von einem Einsatz des Schmerzmittels in der Tumortherapie rieten sie klar ab.
Die Versuche der Universität Ulm erfolgten in einer sehr frühen, von der Öffentlichkeit meist unbemerkten Phase der Forschung, die keine Aussagekraft zur Wirksamkeit beim Menschen hat. Aufmerksamkeit erhielt die Forschung in dieser frühen Phase, weil es Patienten gibt, bei denen eine Besserung durch Methadon beobachtet worden sein soll. Doch diese Einzelfälle gelten in der Medizin keinesfalls als Beweis. Hierfür sind große, systematisch angelegte Studien notwendig, in denen die Wirksamkeit eines Medikaments im Vergleich zu einem Placebo getestet wird.
Dennoch bitten verzweifelte Patienten Ärzten, die Methadon verschreiben, um Rezepte. Ärzte berichten von einem Methadonhype, bei dem sie von Patienten unter Druck gesetzt werden würden, das Mittel in der Tumortherapie einzusetzen. Das „Ärzteblatt“ hingegen berichtete kürzlich von schweren Verläufen und einem Todesfall als Folge von Methadonanwendungen. Im Universitätsklinikum Homburg/Saar hätten schon mehrere schwierige Fälle mit Überdosen behandelt werden müssen.
Obwohl Methadon als möglicher Wirkverstärker der Chemotherapie ins Gespräch gebracht wurde, halten zwischenzeitlich manche Patienten Methadon an sich für ein Krebsmittel und haben ihre bisherige Therapie aufgegeben. Im Internet kursierende Empfehlungen zur Dosierung seien relativ hoch und die Abbauzeit von Methadon erfolgt von Mensch zu Mensch unterschiedlich schnell. Daneben würden mögliche Nebenwirkungen wie Verstopfung, Übelkeit und Angst in der Debatte verharmlost.
Die Uniklinik Heidelberg will Mitte 2018 mit dem Deutschen Krebsforschungszentrum dem Problem der Dosierung nachgehen. So soll in einer Studie geforscht werden, welche Auswirkungen von Methadon und bereits zugelassenen Medikamente in Ergänzung zur Chemotherapie auf das Tumorwachstum bei Patienten mit neu diagnostizierten Hirntumoren hat. Dabei vermittelt die Universität Ulm bei Anfragen an ein Netzwerk von Ärzten, die Methadon als Schmerzmittel einsetzen. Die problematischen Verläufe zeugten von Wissenslücken bei Ärzten. Die Fälle seien teilweise auch unzureichend dokumentiert oder falsch behandelt.