Verbogene, verkratzte, verschmutzte und defekte Fahrräder türmen sich zu einem Berg aus Lenkern, Rahmen und Reifen. Eigentlich sollten die Bewohner der chinesischen Stadt Shenzhen mit diesen Rädern abgasfrei durch die Stadt fahren, doch dieses zukunftsweisende System ist aus dem Ruder gelaufen. Die Anbieter waren mit der Instandhaltung überfordert. So wurden beschädigte Räder nicht repariert und stehen nun als rollender Metallschrott in Parks und am Straßenrand. Doch auch in Deutschland könnten bald Schrotträder an Straßenrändern stehen, schließlich hat auch hier schon ein harter Wettbewerb zwischen Bike-Sharing-Anbietern aus Asien begonnen. In München verschandeln schon die ersten Schrotträder das Stadtbild.
Kritiker wie die Zweirad-Einkaufsgenossenschaft (ZEG), eine Initiative von 1000 Händlern, hält die Anbieter für Verantwortungslos. Das Transportsystem, das ökologisch und nachhaltig sein soll, werde als „milliardenschwere Ressourcenverschwendung",in sein Gegenteil verkehrt. Auch der Zweirad-Industrie-Verband kritisiert das Geschäftsmodell. Die neuen chinesischen Anbieter vermieteten Fahrräder, die nicht verkehrssicher seien. Dies seien Ergebnisse von eigens durchgeführten Überprüfungen. Auch die Lichttechnik sei mangelhaft.
Gerade in von Abgas und Stau geplagten Metropolen werden Leihfahrräder seit Jahren als Alternative zu Autos oder Bussen und Bahnen immer beliebter. So hatte Paris als eine der ersten europäischen Städte 2007 ein flächendeckendes System mit festen Stationen in der Stadt eingerichtet. Auch in Deutschland wurden Fahrradverleihstationen eingerichtet, dort jedoch teilten sich lange Zeit zwei Anbieter einen Großteil des Marktes: Call-a-bike, der zur Bahn gehört und Nextbike. Beide Anbieter haben rund 13.000 Räder in 50 Städten stehen. 2017 preschten schließlich auch Konkurrenten aus Asien wie Mobike, Obike, Ofo oder Yobike auf den Markt.
Der Chinese „Mobike“ ist der der größte Anbieter unter ihnen. Er hat binnen eines Jahres in China 4,5 Millionen Leihräder in 80 Städten verteilt. Feste Stationen werden dabei dank smarter Technik nicht benötigt. Kunden registrieren sich online mit ihren Kontodaten und schalten per Smartphone die am Straßenrand stehenden Räder frei, indem sie einen daran angebrachten QR-Code einscannen. Am Ziel angekommen, beenden die Fahrt per App, die das Rad funkgesteuert verriegelt bis der nächste Kunde es freischaltet.
Doch der Radverkehrsbeauftragter der Stadt München, Florian Paul, ist über den rasanten Zuwachs der asiatischen Leihfahrräder wenig begeistert. Innerhalb von Wochen verteilte Obike ohne enge Absprache mit der Verwaltung und ohne die Bevölkerung zu informieren seine 7000 Räder im Stadtgebiet. Die Stadt stellt nun fest, dass Räder mutwillig beschädigt würden. So würden Bremskabel durchschnitten, manchmal sogar Räder in Seen und Flüsse geworfen. Nach Ansicht der Stadt sind die Aufräumbemühungen von Obike jedoch nicht ausreichend.