Durch das Rechtsanwaltsvergütungsgesetz und dessen Vielzahl verschiedener Gebühren mangelt es an Transparenz bei der Anwaltshonorarrechnung. Dazu wird der Gegenstandswert der Angelegenheit ebenso herangezogen wie deren Bedeutung für den Mandanten, der zeitliche Aufwand des Anwalts oder auch die Schwierigkeit der Tätigkeit. Damit wird die Anwaltsrechnung schnell unkalkulierbar. Daher sind Kanzleien, die mit „kostenloser Erstberatung“ werben, für Rechtsratsuchende besonders attraktiv. Viele Rechtsanwaltskollegen und Rechtsanwaltskammern schätzen dies jedoch gar nicht und so kommt es immer wieder zum Streit über derartige Dumpingangebote. Eine kostenlose Beratung sei mit dem anwaltlichen Berufsrecht nicht vereinbar.
Der Bundesgerichtshof (BGH) hat nun über die Werbeanzeige einer Kanzlei mit einer kostenlosen Erstberatung bei Verkehrsunfällen entschieden. Die zuständige Rechtsanwaltskammer hatte Klage eingereicht, unterlag jedoch vor dem BGH. Dort sahen die Richter in der Gratisberatung kein Problem. Mittlerweile ist die kostenlose Erstberatung im Internet schon weit verbreitet. Dort werben nicht nur Kanzleien online für diesen Dienst, sondern auch die neuen Portale aus dem sogenannten Legal-Tech-Bereich. Sie sorgen auch dafür, dass der Preisverfall nicht bei der Erstberatung aufhört. So unterbieten sich Rechtsanwälte auf Onlineportalen wie beispielsweise anwalt.de mit Festpreisen für Rechtsdienstleistungen. Damit werden anwaltliche Honorare immer vergleichbarer und transparenter.
Mit den neuen Anbietern im Rechtsdienstleistungsmarkt wird auch das Erfolgshonorar immer beliebter. Eine Zahlung ausschließlich im Erfolgsfall war in Deutschland lange unbekannt. Die gesetzlichen Rahmenbedingungen gaben dies nämlich nicht her. Im Berufsrecht der Rechtsanwälte ist eine Vereinbarung von Erfolgshonoraren nur für Einzelfälle in bestimmten Konstellationen erlaubt. Doch dies gilt nicht unbedingt für Inkassounternehmen, die für Verbraucher massenhaft Entschädigungen für Flugverspätungen einfordern. Dazu wird dem Mandanten durch eine Erfolgskomponente nicht nur die Angst vor dem Anwaltshonorar genommen, sondern auch das Risiko fremder Anwaltskosten sowie der Gerichtskosten, die dieser bei einem Unterliegen im Rechtsstreit normalerweise tragen müsste. Dieses Modell wird als „Prozessfinanzierung“ bezeichnet. Zwar gibt es in Deutschland schon lange große Anbieter, die entsprechende Rundum-sorglos-Pakete gegen eine saftige Provision anbieten, doch sie fristeten bisher in der Rechtsberatung eher ein Schattendasein. Es ist jedoch zu erwarten, dass ich dies ändern wird, wenn die Prozessfinanzierer entweder selbst ein Legal-Tech-Unternehmen gründen oder aber mit aussichtsreichen Start-ups kooperieren.
Zwar kann nicht jede Rechtsberatung künftig kostenlos werden, aber viele anwaltliche Leistungen werden sich durch den Wettbewerb mit nichtanwaltlichen Anbietern oder kosteneffizienteren Kanzleien verbilligen.