Die französische Finanzaufsicht hat die Einleitung ihres aktuellen Risikoberichts dem Systemkollaps im Finanzsektor in 2007 gewidmet. Damals galt eine globale Finanzkrise als unvorstellbar und doch sanken die Werte von vielen Vermögensgegenständen innerhalb von wenigen Wochen rapide. Die Franzosen warnen daher in ihrem Risikobericht eindringlich: Momentan herrsche eine zu sorglose Stimmung unter den Akteuren, die angesichts der zahlreichen Gefahren aber nicht gerechtfertigt sein könne. Schließlich würde eine „brutale Neubewertung“ von Vermögensgegenständen bei einer neuen Krise nötig werden.
Die französische Behörde Autorité des Marchés Financiers (AMF) kann von ihrem Sitz in Paris die globalen Märkte beobachten, ohne jedoch Teil der großen Finanzzentren London und New York zu sein, was zu einer eher unverblümten Sprache führt. Das globale Umfeld sei nach Meinung der Franzosen aus mehreren Gründen besonders kritisch, beispielsweise seien die Bewertungen an manchen Aktienbörsen, vor allem in den USA, zu hoch. Dazu fürchten die Franzosen, dass mit den extrem niedrigen Risikoprämien an den Bondmärkten die Risiken unterschätzt werden. Diese falsch gepreisten Risiken sind gefährlich, wenn sich gleichzeitig die Finanzierungskosten verteuern, was mit der Zinswende der Notenbanken nun geschieht. Die US-Notenbank Fed hat schon viermal den Leitzins angehoben und auch die Europäische Zentralbank (EZB) hat angedeutet, ihre Geldpolitik demnächst wieder anzuziehen.
Da die Schulden in nahezu allen großen Volkswirtschaften seit der Finanzkrise vor zehn Jahren stark angestiegen sind, könnten steigende Zinsen einen Flächenbrand auslösen. Gefährdet sind damit vor allem Frankreich, Italien, Belgien, Finnland, Griechenland und Österreich. Dort hat sich die Schuldenlast der öffentlichen sowie privaten Haushalte und Firmen gemessen am Bruttoinlandsprodukt (BIP), sogar um 27 Prozentpunkte erhöht.
Auch in großen Schwellenländern ist die Kreditfinanzierung zwischenzeitlich normal geworden. So seien nach dem Bericht Chinas Schulden rapide auf einen Gesamtwert von 260 Prozent des BIP gestiegen und sogar in Deutschland hat das Volumen der Baudarlehen massiv zugenommen. Darunter befinden sich hauptsächlich Kredite mit sehr langen Laufzeiten, was für die Kreditinstitute bei einer schneller als erwartet voranschreitenden Zinswende zum Einbruch der Margen führen werde. Fraglich ist, ob deren finanzielle Puffer ausreichen, um mögliche Schocks abzufedern.
Da üblicherweise die Zinsbindungsdauer der Kredite und Staatsanleihen die Passiva übersteige, könnten die Refinanzierungskosten der Banken nach einem plötzlichen Zinsanstieg schneller ansteigen als die zinsbasierten Einkommensbestandteile. Sinken gleichzeitig die Marktwerte der Kredite und Staatsanleihen, führe dies zu deutlichen Gewinnrückgängen oder gar Verlusten, ist dem französischen Bericht zu entnehmen.