Die Zinsen für Spareinlagen und Kredite sind auf einem historisch niedrigen Niveau – seit Jahren mittlerweile. Seit geraumer Zeit mehren sich auch die Stimmen, die eine Zinswende näher kommen sehen. Die EZB hält nach wie vor an ihrer expansiven Geldpolitik fest, die das Zinsniveau künstlich niedrig hält. Während Voraussagen über die weitere Entwicklung der Zinsen notorisch schwierig sind, ist es für potentielle Immobilienkäufer wichtig, über die Grundlagen Bescheid zu wissen: Wovon hängt die Höhe des Hypothekenzinssatzes ab? Und welche Aussagen über die weitere Entwicklung sind möglich?
Hypothekenzinsen orientieren sich prinzipiell an den Marktgegebenheiten. Maßgeblich ist vor allem der Leitzins der EZB. Die EZB verfolgt bereits seit Jahren eine Politik des billigen Geldes. Sie hält den Leitzins auf niedrigstem Niveau von derzeit 0% und hat bis Ende 2018 zusätzlich monatlich in großem Maßstab Anleihen aufgekauft („Quantitative Easing“). Ziel dieser Zinspolitik ist es, die Banken mit billigem Geld zu versorgen, damit dieses Geld zu günstigen Konditionen zu den Verbrauchern gelangt und diese zum Konsum ermuntert – damit soll eine Stabilisierung der Konjunktur in Europa erreicht werden. Außerdem hilft diese Zinspolitik gerade hochverschuldeten Staaten, ihre Staatsschulden zu verringern, indem die Kosten für die Kredite niedrig gehalten werden.
Weiterer Faktor, der Einfluss auf die Höhe der Hypothekenzinsen hat, ist die Preisentwicklung an den Anleihemärkten, also bei festverzinslichen Wertpapieren, denn an den Anleihemärkten refinanzieren die Hypothekenbanken ihre Baukredite. Die Hypothekenzinsen orientieren sich dabei besonders an Pfandbriefen und langfristigen Bundesanleihen – also Wertpapieren, die als besonders sicher gelten. Bei den Pfandbriefen liegt das daran, dass die ausgebenden Pfandbrief- und Hypothekenbanken die Pfandbriefe durch Hypotheken auf Immobilien besichern müssen, wobei maximal 60% des von der Bank angenommenen Immobilienwertes als Sicherheit angesetzt werden dürfen. Bei den Bundesanleihen liegt die Sicherheit darin, dass der Staat für die Zinszahlung bürgt und Deutschland eine enorm hohe Bonität genießt.
Außerdem hängen die Hypothekenzinsen an individuellen Faktoren der Geschäftsbanken und der Kunden selbst. Die Geschäftsbanken schlagen auf die Finanzierungskosten ihrer Kredite eine Gewinnmarge auf – je nachdem, ob die Bank um Kreditkunden kämpft und daher (temporär) Kampfpreise bietet oder nicht, fällt die Marge höher oder niedriger aus. Und nicht zuletzt hängt der Kreditzins auch davon ab, wie die Bank das Ausfall- und Verwertungsrisiko einer Immobilie einschätzt, also wie hoch das Risiko ist, dass der Kunde in wirtschaftliche Not gerät und einen Kredit nicht zurückzahlen kann, und wie hoch die Chance ist, dass die Immobilie so viel wert ist, dass die Bank notfalls durch Versteigerung ihr Geld zurück bekommt. In diesem Zusammenhang ist der Beleihungswert von 60% von großer Bedeutung: Die günstigsten Zinsen bekommen Kunden, wenn sie höchstens 60% des von der Bank angenommenen Immobilienwertes als Kredit aufnehmen müssen; dies ist die Besicherungsgrenze der Hypothekenbanken.
Wohin könnte sich der Hypothekenzins nun entwickeln?
Obwohl das Anleihenkaufprogramm der EZB beendet wurde, ist es nach Einschätzung von Experten unwahrscheinlich, dass die EZB ihre 0%-Politik ändern wird, solange Mario Draghi ihr Präsident ist – trotz der massiven Kritik, die diese Politik schon seit geraumer Zeit erfährt. Grund ist die sich eintrübende Konjunkturerwartung in Europa und weitere, auch globale, Unsicherheitsfaktoren. Zu diesen gehört der Handelsstreit, den die USA mit China vom Zaun gebrochen hat, die Kündigung des Atomabkommens mit dem Iran durch die USA und der Anstieg der Rohstoffpreise. Dazu kommen die prekäre Finanzlage Italiens – immerhin die drittgrößte Volkswirtschaft der EU – und die nach wie vor ganz unklaren Modalitäten des Brexit. Der IWF hält vor allem die protektionistische Politik von US-Präsident Trump für eine Gefahr für die Weltwirtschaft.
Die USA haben die Zinswende hingegen mittlerweile vollzogen und den Leitzins in mehreren Schritten auf 2,25-2,5% erhöht. Dies kann dazu führen, dass die Anleihepreise in Deutschland zumindest mittelfristig ebenfalls steigen. Die Zinsen der Pfandbriefe und Bundesanleihen hängen zwar auch von der Politik der EZB ab – wenn diese die Zinsen erhöht, müssen sie nachziehen – aber auch von anderen Faktoren. Steigen z.B. die Unsicherheitsfaktoren in anderen europäischen Staaten, flüchten Anleger in sichere deutsche Anleihen und die Renditen sinken.
Zu bedenken ist auch die Wechselwirkung zwischen Hypothekenzinsen und Immobilienpreisen. Weil Anleger seit Jahren schon praktisch keine Zinsen mehr für ihr Geld bekamen, wichen sie auf andere Anlageformen aus. Folge war eine hohe Nachfrage bei Immobilien und an den Aktien- bzw. Rentenmärkten. Und: Banken gewährten möglicherweise Kredite in einer Höhe, die die Kunden bei steigenden Zinsen in Schwierigkeiten bringen können. Befürchtet wird, dass durch die hohe Nachfrage und Spekulation die Preise in so unrealistische Höhen getrieben wurden, dass die Blasen irgendwann platzen oder es zumindest zu signifikanten Korrekturen bei Immobilienpreisen kommen kann. Das hätte zur Folge, dass es bei Anschlussfinanzierungen Probleme gibt: die Immobilienbesicherung würde schlechter, wenn die Immobilien weniger wert sind – die Risikoaufschläge der Banken wären höher und würden die sowieso gestiegenen Kreditzinsen weiter erhöhen. Kredite könnten nach Ablauf der ersten Zinsbindungsfrist viel teurer werden. Es ist daher zu empfehlen, die derzeitigen Niedrigzinsen zu nutzen und möglichst lange Zinsbindungen zu wählen.
Zusammenfassend gibt es derzeit eine ganze Reihe von Faktoren, die die Hypothekenzinsen beeinflussen können; eine seriöse Prognose ist nicht zu treffen. Kurzfristig jedoch ist es unwahrscheinlich, dass die Zinsen signifikant steigen werden – mittel- und langfristig wird es aber wohl zu einer signifikanten Steigerung kommen. Bis die Zinsen wieder auf dem alten Zinsniveau sind, wird es möglicherweise noch Jahre dauern.