Nach dem Streik dem bereits am Mittwochnachmittag betroffenen Güterverkehr, ist seit Donnerstag früh um 2:00 auch der Fern- und Regionalverkehr betroffen. Die Züge sollen laut Ankündigung der GDL bis Montagmorgen stillstehen. Einen längeren Streik gab es bisher bei der Deutschen Bahn noch nie. Bereits jetzt sind Ersatzfahrpläne mit Bussen im Einsatz und die Staus im Berufsverkehr sorgen für längere Reisezeiten.
Bei dem Tarifstreit will die GDL auch einen eigenständigen Tarifvertrag für Zugbegleiter durchsetzen. Die Lokführergewerkschaft fordert rund 5 Prozent mehr Einkommen und eine kürzere Wochenarbeitszeit. Der Chef der GDL, Claus Weselsky, sieht sich indes starker Kritik wegen seines Vorgehens ausgesetzt.
Der Arbeitskampf der Lokführergewerkschaft GDL wird zum gesamtdeutschen Problem und bringt gleichzeitig die Reisepläne vieler Pendler und Urlauber durcheinander. Die GDL will mit dem Streik Stärke beweisen und so den Zugbegleitern und anderen Bahn-Beschäftigten zeigen, dass sie bei der Lokführergewerkschaft besser aufgehoben wären als bei der Konkurrenzgewerkschaft EVG. SPD-Chef Sigmar Gabriel wirft der GDL außerdem vor, ihr verfassungsrechtlich geschütztes Streikrecht nicht verantwortungsbewusst einzusetzen. Bisher wurde dieses Mittel von den DGB-Gewerkschaften nur dann eingesetzt, wenn es um die Arbeitnehmerinteressen ging, nicht um reine Gewerkschaftsinteressen.
Der Deutsche Beamtenbund (dbb), die als Dachgewerkschaft der GDL Einhalt gebieten könnte, stärkt ihrer Mitgliedsgewerkschaft allerdings noch immer den Rücken. Gerade in Anbetracht der Angekündigten Tarifeinheit sei Konkurrenzverhalten zwischen den Gewerkschaften vorprogrammiert. Parallele Interessen der Beschäftigten würden beispielsweise bei der Deutschen Bundesbank und der Deutschen Rentenversicherung sowie weiteren Institutionen bereits erfolgreich von mehreren Gewerkschaften vertreten, so der Vorsitzende des dbb, Klaus Dauderstädt am Donnerstag im ARD-Morgenmagazin.
Schlichtung vom GDL zurückgewiesen
SPD-Chef und Vizekanzler Sigmar Gabriel forderte gemeinsam mit dem Grünen-Fraktionsvorsitzenden Anton Hofreiter angesichts des Streiks der GDL die Einsetzung eines Schlichters. Hofreiter halte eine schnelle Einsetzung eines Schlichters für notwendig, um den „Mammutstreik“ abzuwenden. Der gleichen Meinung ist auch der Bundeswirtschaftsminister. Er erklärte, dass der Lokführerstreik kein Tarifkonflikt sei, sondern ein Machtkampf, der auf dem Rücken von vielen Reisenden und auf Kosten der Allgemeinheit ausgetragen werde. Den GDL-Funktionären gehe es laut Sigmar Gabriel nicht um höhere Löhne oder bessere Arbeitsbedingungen, sondern um Eigeninteresse.
Die GDL lehnte die Schlichtung entgegen dem Anraten des dbb jedoch ab. Dauderstädt betonte gegenüber der ARD, dass die GDL einem Schlichtungsverfahren zustimmen solle, sofern es nicht um die Grundsatzfrage ginge, ob die GDL verhandeln dürfe, sonder um die reine Frage, wie solche Verhandlungen ablaufen sollen.
DBB klagt vor dem Arbeitsgericht
Die Bahn hat indes Klage beim Arbeitsgericht Frankfurt/Main gestellt. Das Gericht habe die mündliche Verhandlung für 16:30 Uhr festgesetzt. In der Klagebegründung zweifelt die Deutsche Bundesbahn die Verhältnismäßigkeit des geplanten Streiks an.
Tarifrechtsexperten zweifeln indes an, dass die Klage große Aussicht auf Erfolg haben wird. für eine einstweilige Verfügung sei es notwendig, die Unverhältnismäßigkeit nachzuweisen. Da jedoch nicht das gesamte Verkehrssystem der Bahn betroffen ist, sei das schwierig. Zudem hätten Gerichte in der Vergangenheit mehrheitlich zugunsten der Streikenden geurteilt. Als reines Signal, sich nicht alles von Seiten der GDL bieten zu lassen, sei die Klage jedoch wichtig und sinnvoll, so der Tarifrechtsexperte Daniel Schultheis gegenüber dem Handelsblatt.
Insbesondere durch das anstehende Mauerfallwochenende werden durch den Streik der Lockführergewerkschaft viele Urlauber in ihren Reiseplänen behindert. Die DBB wird somit auf jeden Fall hohe Umsatzausfälle verzeichnen müssen. Möglichweise kann auch Schadensersatzanspruch entstehen, obwohl ein Streik an sich nicht illegal ist und die Gewerkschaften somit nicht generell für den Schaden aufkommen müssen.