Viele Entscheidungen in der Medizin werden an Biomarkern festgemacht. Diese charakteristischen biologischen Merkmale lassen sich messen und liefern Informationen zur Krankheit oder zum Ansprechen einer Therapie. So hat die amerikanische Arzneimittelbehörde FDA vor wenigen Monaten ein Krebsmedikament zugelassen, dessen Verordnung allein an den Nachweis eines Biomarkers gebunden ist, nicht an die Lage des Tumors oder seine Gewebeeigenschaften. Damit zählt für die Verordnung nur, ob der Tumor über den Biomarker verfügt oder nicht. Es ist somit irrelevant, ob es sich um Krebs in der Brust, der Bauchspeicheldrüse, der Prostata, im Darm oder an einer anderen Stelle des Körpers handelt. Erst kürzlich hat die FDA in der Fachzeitschrift „The New England Journal of Medicine“ deutlich gemacht, wie radikal diese Abkehr von der bisher üblichen Vorgehensweise ist.
Dabei handelt es sich bei dem Biomarker um die mangelhafte Fähigkeit gewisser Tumore, die Fehler, die beim Kopieren der DNA auftreten, korrigieren zu können. Dadurch können die Tumorzellen nicht Dutzende von Mutationen ansammeln, sondern Tausende. Der Wirkstoff, der von der FDA für die Behandlung von Tumoren mit diesem Merkmal zugelassen worden ist, nennt sich Pembrolizumab. Der monoklonaler Antikörper zählt zu den sogenannten Checkpoint-Inhibitoren und bringt das Immunsystem gegen den Tumor in Stellung.
In den Vereinigten Staaten kann der Antikörper nun bei Patienten eingesetzt werden, deren inoperabler oder gestreuter Tumor wegen seiner Defekte im Reparatursystem eine hohe Mutationslast hat und deswegen ohnehin schon im Visier des Immunsystems ist. Bei der Zulassungsstudie wurden Patienten mit fünfzehn verschiedenen Krebsarten behandelt, doch Pembrolizumab wurde bereits schon vorher zur Behandlung von definierten Tumorerkrankungen zugelassen, darunter auch in Deutschland.
Sogar bei Brustkrebs sind nun Biomarker-geleitete Therapien angesagt. Damit liegt eine große Verantwortung bei der Molekularpathologie. Die an Biomarkern festgemachten Therapieentscheidungen müssen absolut verlässlich sein. Hierzu ist eine standardisierte Entnahme der Blut- und Gewebeproben notwendig. Auch die Messungen müssen einer rigorosen Qualitätssicherung unterzogen werden. In Deutschland gibt es dafür ein Qualitätssicherungssystem, in dem Labore, die eine entsprechende Zertifizierung anstreben, in Ringversuchen beweisen müssen, dass sie ausgehändigte Gewebeproben korrekt charakterisieren können.
Die nächste Stufe der Molekularpathologie ist mit der Bioprädiktion schon in Sicht. Dabei können die Biomarker langfristige Vorhersagen über Gesundheit und Krankheit machen, beispielsweise ob jemand in fünf oder in zehn Jahren an einer Alzheimer-Demenz oder an Parkinson erkranken wird oder nicht.