„Der Bedarf an Wohnraum für Menschen mit Demenzerkrankung ist hoch“, wie ein Bauverein feststellt. Eine Versorgung zu Hause bringe die Angehörigen oft an ihre körperlichen und psychischen Grenzen und dann werde kurzfristig eine schnelle Unterbringung gesucht. Eine im Herbst 2015 eröffnete Wohngemeinschaft für Demenzpatienten, die rund um die Uhr von einem ambulanten Pflegedienst betreut werden, soll ein alternatives Angebot zum Pflegeheim darstellen.
Dafür ließ ein Bauverein für rund eine halbe Million Euro ein Gründerzeithaus umgestalten. Es entstanden neun WG-Zimmer mit Gemeinschaftsbädern und einem Aufzug. Die behördlichen Auflagen wie die vernetzte Brandmeldeanlage sowie Feuerschutztreppen seien jedoch die größte Herausforderung gewesen. Durch die kleine Einheit entstünde eine familiäre Atmosphäre in der Einrichtung und auch das Mitspracherecht der Bewohner zum Speiseplan und Tagesablauf werde positiv bemerkt. Dazu treffen sich die Angehörigen einmal im Monat, um beispielsweise über Anschaffungen für Haus oder Garten sowie Ausflüge zu sprechen.
Als Teil eines Projektes für lebenslanges Wohnen in einem Quartier wurde eine Demenz-WG vom Spitzenverband der gesetzlichen Krankenkassen im Rahmen des Programms zur Weiterentwicklung neuer Wohnformen für pflegebedürftige Menschen gefördert. Ziel des Programms ist es, älteren Mietern zu ermöglichen, trotz gesundheitlicher Einschränkungen möglichst lange in ihrer Wohnung und ihrem Quartier bleiben zu können. Der Bauverein hat rund 2000 Wohnungen im Bestand. 40 Prozent der Mieter sind 70 Jahre und älter. Die Genossenschaft arbeitet mit vielen Partnern zusammen, die sich alle vier Wochen auf Mietertreffen vorstellen, damit die Senioren in ihrer gewohnten Umgebung weiterhin zurechtkommen. Darunter ambulante Pflegedienste, Hausnotrufanbieter, Ergotherapeuten, Fußpfleger und Friseure. Diese Dienstleistungen nehmen derzeit etwa 120 Mieter in Anspruch, Tendenz steigend. Aber auch weitere ehrenamtliche Helfer sollen in das Projekt einbezogen werden. Noch gebe es viele Berührungsängste, berichtet eine Sozialwissenschaftlerin, die das Projekt begleitete. „Die Hemmschwelle, Hilfe von außen anzunehmen, ist groß.“
Zwischenzeitlich gibt es mehrere Hundert Wohngemeinschaften für Demenzpatienten in Deutschland, denn die Wohnungsgenossenschaften und -konzerne seien daran interessiert, ihre älteren Mieter zu halten, die aber Unterstützung benötigen, weil die Kinder immer öfter nicht mehr in ihrer Nähe wohnen, so ein Beratungs- und Forschungsinstitut. Erst kürzlich warnte der Verband baden-württembergischer Wohnungs- und Immobilienunternehmen vor einem Mangel an Seniorenwohnungen. Seit Jahren investiere ein Träger daher gezielt in den altersgerechten Umbau von Wohnungen. Dabei stehe in der Regel das Badezimmer im Fokus. Für einen Mietzuschlag könnten sich die Bestandsmieter für eine Badsanierung entscheiden, bei der die Badewanne durch eine bodengleiche Dusche ersetzt werde.