Seit rund zwei Jahrzehnten steht der Gutshof des ehemaligen Klosters Ilbenstadt mit seinen Wohn- und Wirtschaftsbauten sowie Stallungen inmitten des Niddataler Ortsteils leer. Der letzte Pächter der Staatsdomäne hatte in den neunziger Jahren das über Jahrhunderte hinweg landwirtschaftlich genutzte Anwesen aufgegeben, da sich die Anlage nicht mehr mit den Anforderungen an moderne Tier- und Vorratshaltung vereinbaren ließ. Heute benötigt kein Landwirt mehr so viel Wohnraum, wie er in den Gebäuden für die früher zahlreichen Beschäftigten des Hofs geschaffen wurde. Vergeblich bemühten sich die Hessische Landgesellschaft als Domänenverwaltung des Landes und auch die Stadt einen Betriebsnachfolger zu finden.
Der ehemals florierende Gutshof wurde damit zum Problemfall und eine „Belastung für die Ortsentwicklung“, so der Bürgermeister Bernhard Hertel. Daher stellte die Stadt in Abstimmung mit der Landgesellschaft einen neuen Bebauungsplan auf, um auch eine andere Nutzung zu ermöglichen. So wurde ein Teil der denkmalgeschützten Anlage, das ehemalige Kutscherhaus sowie das frühere Pächterwohnhaus samt umliegender Grundstücke an die Genossenschaft Oekogeno verkauft. Auch die Stadt hat sich ein Teil der an den Gutshof angrenzenden Freifläche gesichert. Er soll zum Standort eines neuen Kindergartens werden.
Die Oekogeno ist eine der größten Bürgerbeteiligungs-Genossenschaften in Deutschland mit mehr als 15.000 Mitgliedern. Sie hat sich auf Wohnprojekte spezialisiert, die den Grundsätzen des solidarischen Miteinanders und des Bauens nach ökologischen Kriterien verpflichtet sind. Um in eine der Oekogeno-Wohnungen einziehen zu dürfen, muss eine Einlage an die Genossenschaft gezahlt werden. Der Mieter kann sich in der Wohnung dann zum Selbstkostenbeitrag nach seinen Bedürfnissen und finanziellen Möglichkeiten entsprechend einrichten. In den Domizilen der Genossenschaft wohnen junge Familien, Paare, Singles, alte Menschen und nicht zuletzt Behinderte unter einem Dach. Es gehe nach eigenen Angaben nicht darum, Profit zu erzielen, sondern „bezahlbaren Lebens- und Wohnraum“ zu schaffen. Daher ist auch der Erhalt alter Bauwerke Teil des Konzepts.
Die früheren Stall- und Vorratsgebäude, die Mitte des 20. Jahrhundert errichtet wurden und nicht unter Denkmalschutz stehen, sollen durch einen Neubau ersetzt werden, der sich jedoch architektonisch an den alten Gebäuden orientieren soll. Das Gebäude soll dann etwa 30 Wohnungen fassen. Dagegen sollen das Kutscher- und Pächterhaus in Zusammenarbeit mit der Wetterauer Denkmalpflege saniert und umgebaut werden. In der Nähe des Hauptzugangs des ehemaligen Klosterkomplexes soll eine neue Kindertagesstätte mit 80 Plätzen gebaut werden, die 2019 eröffnen soll. Dabei soll das Freigelände nicht nur Spielfläche für Kinder sein, sondern allen Bürgern offenstehen.