Obwohl ein normaler Mensch von sich aus vermutlich nie auf die Idee käme, seinen Bankberater nach einem Express-Zertifikat mit Memory-Funktion und Airbag zu fragen, verkaufen sich ungewöhnliche Wertpapiere wie Express-Zertifikate und Aktienanleihen nach Angaben der Sparkassen sowie den Volks- und Raiffeisenbanken derzeit sehr gut. So waren bei der Deka-Bank, die für die deutschen Sparkassenkunden Wertpapiere aller Art auflegt, im Juli fast zwei Drittel aller verkauften Zertifikate entweder Express-Zertifikate oder Aktienanleihen. Ähnliches berichtet die DZ Bank, die vor allem für die Kunden der Volks- und Raiffeisenbanken Wertpapiere entwickelt.
Dabei handelt es sich bei beiden Wertpapieren um die vermeintlich ausgestorbene Anlageart der Zertifikate. Sie haben seit der Lehman-Krise im Jahr 2008 einen zweifelhaften Ruf nachdem viele dieser Papiere in der Finanzkrise ausgefallen sind. Betroffen davon waren auch deutsche Anleger. Es erstaunt daher, warum ganz normale Kunden der Sparkassen und Volksbanken wieder Gefallen an diesen komplizierten Papieren finden. Auf den ersten Blick könnte vermutet werden, dass die Banken unbedarften Kunden irgendwelche schwer verständlichen Wertpapiere andrehen, doch es scheint, als ob eher die Zinspolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) zu dieser wundersamen Vermehrung der Zertifikate geführt hat. Die Verlockung ist groß, wenn heute irgendwo mehr geboten wird als die ansonsten üblichen Magerzinsen. Wenn dann ein Kunde der Sparkassen oder der Volksbanken nach einer Anlage-Alternative in Niedrigzinszeiten fragt und der Bankberater Aktienanleihen empfiehlt, steigt die Wahrscheinlichkeit des Verkaufs. Mittlerweile sind die DZ Bank und Deka-Bank mit 17 und 14 Prozent Marktanteil die größten Händler auf dem deutschen Zertifikatemarkt.
Doch fraglich ist, ob es überhaupt die Aufgabe von Volksbanken und Sparkassen ist, den Kunden die umstrittenen Wertpapiere anzubieten. Die Banken sehen hierin kein Problem und schreiben den Grund für ihren Erfolg der Beratungsleistung vor Ort in den Volks- und Raiffeisenbanken zu, erklärt die DZ Bank. Die Deka-Bank erläutert, sie böten nur ausgewählte Anlageprodukte, sehr oft auch mit einem Sicherheits-Feature, an. So würden nur rund 150 „handverlesene und attraktive“ Zertifikate im Monat angeboten werden.
In der Tat sind die Bankkunden seit der großen Krise in der Lage zu wissen, was für ein Zertifikat ihm da verkauft worden ist. Zwar enthalten die Produktinformationsblätter, die die Banken heutzutage jedem Anleger zur Verfügung, stellen einige komplizierte Formulierungen, dennoch erklären sie anhand von beispielhaften Szenarien recht gut, worauf der Anleger sich einlässt und auch die Höhe der Marge, die die Banken ungefähr an einem Zertifikat verdienen, ist nun einsehbar.