Die Europäische Zentralbank (EZB) hat trotz der Forderung nach einem Wechsel der Geldpolitik beschlossen, den Leitzins für den Euroraum weiterhin unverändert auf dem Rekordtief von null Prozent zu belassen. So müssen diejenigen Geschäftsbanken, die ihr Geld bei der EZB parken statt es an Unternehmen zu verleihen, weiterhin dafür 0,4 Prozent Strafzinsen zahlen. Der EZB-Rat hat außerdem beschlossen, noch bis mindestens Ende Dezember 2017 monatlich 60 Milliarden Euro in den Kauf von Staats- und Unternehmensanleihen ("Quantative Easing", kurz QE) zu investieren. Dieses Kaufprogramm könne bei Bedarf auch noch ausgeweitet werden, teilt die EZB mit.
Schon seit März 2016 liegt der Leitzins bei 0,0 Prozent. Die Notenbank versucht mit diesem historisch günstigsten Zinssatz die Konjunktur in der Eurozone anzuheben sowie die Teuerung zu stärken. Da die niedrigen oder sogar sinkenden Preise die Unternehmen und Verbraucher dazu bringen könnten, Investitionen dauerhaft aufzuschieben, was die Konjunktur schwächen würde, ist die EZB an einer Inflationsrate von knapp unter zwei Prozent interessiert. Nun sind die Zeiten einer Inflation nahe null zunächst vorbei und die Konjunktur im Euroraum läuft wieder besser, was die EZB unter Druck setzt, ihren Anti-Krisen-Kurs zu beenden.
Zwar hatte die EZB Anfang Juni bereits erste vorsichtige Hinweise gegeben, dass die Wachstumsrisiken für den Euroraum "weitgehend ausgeglichen" statt "abwärtsgerichtet" seien und strich die Passage zu möglichen weiteren Zinssenkungen, doch werden konkrete Schritte erst mit der Sitzung des EZB-Rates am 7. September erwartet. Zu der Zeit liegen der EZB dann die neuesten Prognosen der Notenbank zur Entwicklung der Konjunktur und der Teuerungsrate im Euroraum vor. Die EZB rechnet für das laufende Jahr im Euroraum mit 1,5 Prozent Teuerung, im Juni lag der Wert bereits bei 1,3 Prozent.
Um starke Schwankungen an den Finanzmärkten zu vermeiden, mutmaßen Volkswirte, dass die EZB das Anleihenkaufprogramm nur schrittweise zurückfahren wird, um anschließend, möglicherweise erst 2019, die Zinsen allmählich wieder anzuheben. Gerade aus wirtschaftlich starken Ländern wie Deutschland wird die Geldpolitik der EZB zuletzt wieder stärker kritisiert, denn Sparer erhalten nur geringe Zinsen auf ihr Erspartes und auch für die Banken sind die niedrigen Zinsen ein großes Problem. Auf der anderen Seite profitieren dagegen Kreditnehmer von diesen günstigen Konditionen, beispielsweise beim Kauf von Immobilien und sonstigen Investitionen.