Tagesgeldsparer können zukünftig möglicherweise noch mehr Zinsen erhalten. Denn die Zinserhöhung der EZB unter der Schirmherrschaft von Christine Lagarde dürfte nicht die letzte sein und neue Festanlagen in Tagesgeld für 60 oder 90 Tage bringt weitere Zinssteigerungen.
Seit Juli versucht die Europäische Zentralbank, die Inflation in der Eurozone wieder unter Kontrolle zu bringen. Seit Juli hat sie die Leitzinsen sechs Mal in Folge angehoben, zuletzt Mitte März um 0,25 Prozentpunkte. Doch wie weit werden die Währungshüter unter Führung von EZB-Präsidentin Christine Lagarde dieses Mal gehen?
Kleine Zinserhöhung wird noch erwartet
Einige Mitglieder des EZB-Rats sagten kürzlich, trotz wiederholter Versuche, eine weitere starke Zinserhöhung um 0,25 Prozentpunkte aufrechtzuerhalten: Blieb es dennoch bei kleineren Schritten.
Die meisten Experten erwarteten von der Zinsentscheidung der Zentralbanken nur eine moderate Zinserhöhung von 0,25 Prozentpunkte. Dadurch stieg der Leitzins am 04.058.2023 auf 3,75 % an. Dieser Basiszinssatz bestimmt den Zinssatz, zu dem sich Banken über einen längeren Zeitraum (mindestens eine Woche) Geld bei der Zentralbank leihen können. Während die wichtigsten Refinanzierungssätze in den Medien Beachtung gefunden haben, ist für Sparer vor allem der Einlagensatz von besonderem Interesse, der seit März bei 3,0 % liegt und jetzt auf 3,25 % steigen konnte. Dies ist der Satz, zu dem Banken überschüssige Liquidität bis zum nächsten Geschäftstag bei der EZB „halten“ können. Es handelt sich gewissermaßen um einen „Benchmark“ für Tagesgeldtarife.
Tagegeld:
ING bietet keine Spitzenzinsen mehr an
Vor einigen Wochen hat ING den Vorschlag vorangetrieben, Tagesgeld für sechs Monate mit einem Zinssatz von 3,0 % zu verzinsen und damit die Konkurrenz stark unter Druck gesetzt. Mittlerweile sind viele Tagesgeldanbieter diesem Beispiel gefolgt. Laut dem Tagesmittelrechner der Frankfurter Finanzberatung FMH ist ING erst die dritte Bank in Deutschland, die die Einlagensicherung ausbaut.
Und selbst diesen Platz muss man sich mit zwei Konkurrenten teilen, denn auch die französische Consors Bank und die spanische Banque de Santander bieten Neukunden mittlerweile einen Zinssatz von 3,0 % für sechs Monate an. Tagesgeld wird bei der Volkswagen Bank mit 3,1 Prozent etwas höher verzinst. Die britische Barclays führt das Ranking mit 3,11 % an.
Die Zinsen könnten weiter steigen
Dies ist jedoch nicht das Ende. Experten wie Max Herbst von FMH gehen davon aus, dass die Tagesgeldsätze weiter steigen werden, da die EZB die Zinssätze wahrscheinlich weiter ändern wird. „Marktteilnehmer gehen davon aus, dass die Einlagenzinsen der EZB im Sommer ihren Höhepunkt bei 3,8 % erreichen werden“, sagten Volkswirte von Banken. Nach der Zinserhöhung wird es zwei weitere Erhöhungen um jeweils 25 Basispunkte vermutlich geben.
Allerdings werden solche anhaltenden restriktiven Maßnahmen der EZB von Sparern, die ihr Geld nicht nur in Tagesgeld, sondern auch in Aktien anlegen, nicht unbedingt positiv gesehen. Sollten sich die Finanzwächter um EZB-Präsidentin Christine Lagarde stärker als bisher erwartet für eine weitere Zinserhöhung aussprechen, könnte dies „Aktien und andere Risikoanlagen stärker unter Druck setzen und die Tür für eine tiefere Marktkorrektur öffnen, wird gesagt.
Die Kerninflation in der Eurozone bleibt hoch
Die hohe Inflation in der Eurozone ist der Grund für die möglicherweise länger anhaltende restriktive Politik der EZB. In Europa könne „niemand wirklich behaupten, der Kampf gegen die Inflation sei bereits gewonnen“, wird gesagt von Devisenexperten „Das ist keine Inflationszahl.“ Tatsächlich sind die Verbraucherpreise in der Eurozone im April im Vergleich zum Vorjahresmonat um 7,0 % gestiegen, so erste Schätzungen des Europäischen Statistikamts.
Die Kerninflation, die volatile Preise für Energie und Nahrungsmittel ausschließt, ist erstmals seit Juli letzten Jahres um 0,1 Prozentpunkte gesunken, liegt aber mit 5,6 % immer noch auf einem sehr hohen Niveau. Dies wird viele Währungswächter alarmieren.
„Die Kerninflation ist sehr stabil und hartnäckig, viel hartnäckiger als die Gesamtinflation“, wird gesagt.
Belasten Zinserhöhungen bereits die Wirtschaft?
Aber es bleiben große Fragen.
Wie stark ist die letzte Zinserhöhung der EZB bereits und wie groß ist der Handlungsbedarf bei der EZB geworden? Dem Bericht zufolge haben Finanzinstitute in den ersten drei Monaten dieses Jahres ihre Standards für Unternehmenskredite deutlich verschärft.
Ergebnis:
Die Nachfrage nach Unternehmenskrediten ist so schnell zurückgegangen wie seit der globalen Finanzkrise nicht mehr. Für die Ökonomen der US-Bank Morgan Stanley ist dies ein weiterer Beleg dafür, dass die restriktive Geldpolitik Auswirkungen auf die Wirtschaft im Euroraum hat.
„Das ist schlicht und einfach Geldpolitik in Aktion.“
Aber wie stark die Kreditbedingungen im Euroraum verschärft werden müssen, bevor sich die Wirtschaftsaktivität verlangsamt und die Kerninflation deutlich sinkt, ist selbst für die EZB schwer zu beantworten. Denn sowohl die hohe Inflation der Vergangenheit als auch die Geschwindigkeit, mit der die Währungshüter die Zinsen angehoben haben, sind beispiellos in der Geschichte.