Die Europäische Zentralbank (EZB) verlängert ihr umstrittenes Anleihen-Kaufprogramm unerwartet um weitere neun Monate bis mindestens Ende Dezember 2017 und flutet die Märkte weiterhin mit Milliarden Euros. Das monatliche Volumen soll jedoch ab April von 80 Milliarden auf 60 Milliarden Euro sinken. Insgesamt 540 Milliarden Euro werden dann der Europäischen Wirtschaft nächstes Jahr zur Verfügung gestellt. Das Gesamtprogramm wird dann 2,28 Billionen Euro kosten. Zudem werden die Regeln für die Anleihen-Käufe gelockert.
Damit soll das Wachstum in den Südeuropäischen Ländern angekurbelt werden, weil die Inflationsraten in den Europäischen Ländern noch immer relativ niedrig sind. Angepeilt wird schon seit einigen Jahren eine Inflation von rund 2 Prozent, die jedoch nach Einschätzungen der EZB erst in drei Jahren erreicht werden könnte. Für das Jahr 2017 rechnet die EZB mit 1,3 Prozent Inflation. Gegebenenfalls könnte sich die Situation jedoch schnell ändern, falls Trump die Wirtschaftspolitik in den USA erfolgreich ankurbeln kann. Die US-Banken würden dann ihre Zinsen anheben und die EZB müsste nachziehen, um ihre Investoren nicht an die US-Banken zu verlieren.
So ermöglicht es die EZB vor allem Unternehmen in Südeuropäischen Ländern billige Kredite zu erhalten, damit diese investieren und die dortige Wirtschaft ankurbeln können. Europäische Banken halten Staatsanleihen, die an Wert gewinnen, wenn die EZB sie aufkauft. Zudem kann die Zinslast der Europäischen Länder gering gehalten und damit wieder mehr investiert wird. Auch Anleger von risikoreicheren Anlagen wie Aktien profitieren von dieser Geldpolitik, denn wenn Alternativen für rentablere Geldanlagen fehlen, werden die Aktienkurse vermutlich weiter steigen.
Dagegen gibt es bei den sichereren Geldanlagen wie Sparbuch, Lebensversicherungen oder risikoarmen Anleihen bis auf weiteres kaum bzw. keine Zinsen. Möglicherweise kommt es sogar verstärkt zu negativen Zinsen. Dies ist besonders für Rentner, die Sparbeträge nur kurzfristig anlegen wollen oder Sparer der Altersvorsorge mehr als unerfreulich.
Außerdem lockert die EZB die Regeln für ihre Bondkäufe, damit auch Anleihen gekauft werden können, die auf Grund ihres Ratings bisher nicht von der EZB aufgekauft werden konnten. Auch Bonds mit einer Laufzeit von nur einem Jahr dürfen künftig erworben werden. Bisher war das nur für Papiere mit Laufzeiten zwischen zwei und 30 Jahren erlaubt. Auch Käufe von Anleihen mit Renditen unter dem Einlagenzins von aktuell minus 0,4 Prozent sind künftig zulässig.
Doch Experten fürchten, wenn die Regierungen der EU ihre Hausaufgaben in Sachen Bankensanierung, Behebung struktureller Unterschiede und einer wachstumsfreundlichen Politik in der jetzigen Zeit der günstigen Zinsen nicht machen, wird die Geldpolitik der EZB scheitern, so Arne Sand, Geschäftsführer der Vermögensverwaltung Sand und Schott. Auch könnte schon eine Trendwende in der Geldpolitik eine Krise an den Finanzmärkten auslösen, doch „zur Marktwirtschaft gehört ein Bereinigungsprozess, der sich Rezession nennt und dazu führt, dass ineffiziente Unternehmen und Banken den Markt verlassen müssen“, kritisiert Sand. „Je länger diese Bereinigung hinausgeschoben wird, desto schmerzhafter wird sie.“