Die Sicherheitslage in den Gerichten ist mit einer Attacke vor einem Jahr im Landgericht Hamburg, bei der eine Zeugin und ein ihr zu Hilfe geeilter Staatsanwalt verletzt wurden, neu entfacht. Die angespitzte Zahnbürste und eine Rasierklinge konnte der Beschuldigte trotz Kontrollen aus der Untersuchungshaft in den Saal schmuggeln. Der Justizsenator Till Steffen (Grüne) legte daher ein Sicherheitskonzept für die Gebäude vor, doch dieses werde dem CDU-Bürgerschaftsabgeordneten Richard Seelmaecker zufolge „zum Rohrkrepierer.“ Der schon seit vielen Jahren geforderte Plan zur Sicherheit der Richter, Mitarbeiter und Besucher werde immer weiter verzögert.
So konnten bisher das Strafjustizgebäude, die Sozialgerichte und die Staatsanwaltschaften in Hamburg mit dem Einbau moderner Sicherheitstechnik wie Metalldetektoren, Gepäckdurchleuchtungsgeräte und Videokameras umgebaut werden. Dazu will Rot-Grün mehr Personal zur Einlasskontrolle der Besucher und Zuführung von Angeklagten einsetzen. Die Kosten für die Umbauten betragen 1,4 Millionen Euro, das Personal jährlich 1,9 Millionen Euro. Zusätzliches Personal soll mithilfe von privater Wachdienste ausgeweitet und eine mobile Einsatzgruppe von Justizwachtmeistern gebildet werden.
Obwohl an keinem Gericht „akute Sicherheitslücken“ festgestellt wurden, gebe es nach Senator Steffen im April 2017 „im gerichtlichen Alltag immer mehr Aggressionen gegen Bedienstete“. Davon betroffen seien Servicekräfte in den Geschäftsstellen, Wachtmeister bei der Zuführung und Richter in den Verhandlungen. Grund sei der sinkende Respekt vor der Institution Gericht. Gerade bei Sorgerechtsstreits vor den Familiengerichten hätten die Übergriffe insbesondere enorm zugenommen. Allerdings würden nach Ansicht des CDU-Justizexperten Seelmaecker die dringend benötigten baulichen Maßnahmen nicht umgesetzt und so „die Sicherheit der Menschen, die bei den Gerichten arbeiten, gleichermaßen wie bei den Besuchern weiter leichtfertig aufs Spiel gesetzt“. Dagegen begründet der Senat die Verzögerungen damit, dass „einige Konzepte einer zum Teil grundlegenden Überarbeitung bedürfen, weshalb bislang keine konkreten Terminpläne für eine Umsetzung der Maßnahmen vorliegen“.
So sei ein wesentliches Element im Sicherheitskonzept des Senats die Eingänge der Justizgebäude, weswegen eine zentrale Zugangskontrolle oberste Priorität genieße. Eigentlich sollten schon ab Oktober 2017 alle Gerichte nur noch durch einen öffentlichen Zugang erreichbar sein. Die Amtsgerichte konnten bestätigen, dass die seit Frühjahr 2017 verstärkt ergriffenen präventiven Maßnahmen insbesondere bei den Familiengerichten erste Wirkungen zeigten. So sei es nicht mehr zu tätlichen Angriffen oder Überfällen gekommen.