Professoren und Dozenten an 61 Universitäten und Colleges in Großbritannien reduzieren ihre Arbeit und streiken. Dies betrifft Hochschulen und Bibliotheken von Streikposten abgeriegelt, Klausuren abgesagt, Hausarbeiten vertagt E-Mails gestoppt. Die Gewerkschaft University and College Union (UCU), der landesweit rund 190.000 Lehrkräfte angehören, werden über 14 Streiktage in den kommenden Wochen die Arbeit niederlegen. Etwa eine Million Studenten sind von dem Ausstand der Hochschulen bertroffen, auch an den Elite-Unis Oxford und Cambridge. Gekämpft wird für die Altersvorsorge der Professoren und Dozenten, denn im Zuge einer geplanten Rentenreform des Arbeitgeberverbands Universities UK (UUK) sollen ihre Rentenbeiträge an der Börse gehandelt werden. Pro Person rechnet die Gewerkschaft im Schnitt mit Einbußen von über 11.000 Euro pro Jahr.
In dem laut Gewerkschaftsangaben größten Akademikerstreik in der Geschichte Großbritanniens werden alle Vorlesungen und Seminare ausfallen, was viele Studenten verärgert. Zwar sollen die Professoren eine faire Rente erhalten, doch auf den Rücken der Studenten solle dies bitte nicht ausgetragen werden, da viele Studenten die Studiengebühren aus eigener Tasche zahlen müssen. Das Studium kostet für britische und EU-Studenten für einen Ein-Jahres-Master 9000 bis 11.000 Pfund, für Nicht-EU-Ausländer sogar mindestens 18.000 Pfund. Viele Studenten wollen nun ihr Geld zurück und zeichnen daher Petitionen. Der erwartete Streik setzt die Bibliothek der SOAS University of London schon vorab unter Hochdruck, denn viele Studenten sichern sich wichtige Bücher für die kommenden Wochen und kopieren Lehrmaterial.
Noch bis vor ein paar Jahren habe ein Uni-Lehrender noch sehr sicher abschätzen können, wie viel Rente er bekommen wird, erklärt der Gewerkschaftsableger an der SOAS University of London. Doch vor einigen Jahren wurde das System so verändert, dass bis zu einem Jahresgehalt von 55.500 Pfund normal eingezahlt wird und darüber hinaus die Rentenbeiträge an der Börse gehandelt werden. In einem neuen Entwurf will nun der Arbeitgeberverband UUK die Einkommensgrenze komplett auflösen und alle Rentenbeiträge der Lehrenden in Fonds und Anteilen an der Börse handeln.
Das derzeitige System befände sich laut UUK in einer Krise und weise ein Finanzierungsdefizit von 7,5 Milliarden Pfund auf. Um nicht in Bereichen wie der Lehre oder der Forschung sparen zu müssen, müssten die meisten Universitäten weniger Geld für Renten ausgeben. Mithilfe der Reform sollen nachhaltige und attraktive Renten für die Gewerkschaftsmitglieder gewährleistet werden.
Dagegen ist die Gewerkschaft der Meinung, dass der Unisektor durch die fortschreitende Privatisierung boome. Mit ihrem Streik will sie die Universitätsleitungen "möglichst hart treffen", denn die Altersvorsorge dürfe nicht "an der Börse verwettet werden". Auch die Abwanderung von Lehrkräften in das Ausland durch die Rentenreform könnte durch den Brexit noch verstärkt werden.